Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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ausgeführt, sein Klient habe keine Staatsangehörigkeit; die Regierung 
könne niemanden internieren lassen, der nicht „alien enemy“ sei. Nach 
dem deutschen Gesetz von 1870 habe Weber kein Recht und keine 
Pflicht eines deutschen Staatsangehörigen und könne auch solche Rechte 
und Pflichten nicht wieder erlangen oder übernehmen, ohne eigene 
Schritte dazu zu tun. Staatsangehörigkeit beruhe auf Untertanschaft 
und wenn diese gebrochen sei, höre die Staatsangehörigkeit auf. Ob 
der Berufungskläger die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, sei nach 
deutschem Recht zu entscheiden, und dieses Recht habe bestimmt, daß 
eine Person in seinen Umständen die Staatsangehörigkeit verliere. Das 
früher herrschende Prinzip der Maxime Nemo potest exuere patriam sei 
in verschiedenen Ländern durch die neue Gesetzgebung ersichtlich durch- 
brochen worden. Obgleich kein Präjudiz für die Frage vorliege, sei 
doch auch kein vernünftiger Grund gegen die Annahme gegeben, daß 
Weber überhaupt keine Staatsangehörigkeit besitze. 
Der Lordkanzler gab das führende Urteil dahin ab: Unstreitig ist 
der Gesuchsteller ursprünglich Deutscher gewesen und hat nie eine an- 
dere Staatsangehörigkeit erworben. Es steht fest, daß Staatsangehörig- 
keit durch Wohnsitz in einem andern Staat, sei er vorübergehend oder 
dauernd, nicht verloren geht, wenn nicht ein ausdrückliches Gesetz des 
Heimatstaats das vorsieht. Die Frage, ob England überhaupt anerken- 
nen kann, daß jemand keine Staatsangehörigkeit besitze, ist von größter 
Wichtigkeit, braucht aber im vorliegenden Fall nicht entschieden zu wer- 
den; es genügt, daß ich mich dagegen verwahre, eine derartige Aner- 
kennung ausgesprochen zu haben. Im gegenwärtigen Fall stützt sich 
die Behauptung des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit auf 
ein Gesetz von 1870, das durch Gesetz von 1877 auf das ganze Deut- 
sche Reich ausgedehnt worden ist: darnach gehen durch zehnjährige 
Abwesenheit von Deutschland gewisse im Gesetz bezeichnete Rechte 
eines deutschen Staatsangehörigen verloren (certain definite rights which 
a German citizen possessed, were lost). Die Fassung des Gesetzes von 
1870 ist sehr weit; man behauptet, die Wirkung des Gesetzes sei, daß 
der Deutsche durch seine Abwesenheit seine Staatsangehörigkeit ver- 
liere. Aber bei der Auslegung des Gesetzes muß man im Sinn behalten, 
was Nationalität bedeutet. Es ist ein Gemeinplatz, daß sie ebenso 
Pflichten auflegt wie sie Rechte gibt. Daß aber die Pflichten, die dem 
Gesuchsteller durch seine deutsche Geburt auferlegt waren, durch die 
späteren Umstände gelöst wurden, ist keineswegs klar. Der Gesuch- 
steller trägt dafür die Beweislast. Eine der wichtigsten Pflichten des 
Bürgers ist die der Verteidigung seines Vaterlands mit den Waffen.
	        
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