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Es ist nirgends bestimmt, daß die Pflicht des Gesuchstellers, für Deutsch-
land zu dienen, weggefallen ist; die Begründung des Gesuchs geht mit
gutem Grund darauf nicht ein. Durch ein deutsches Gesetz von 1874
kann ein Mann in der Lage des Gesuchstellers, wenn er nach Deutsch-
land anders als zu vorübergehendem Besuch zurückkehrt zu den Waffen
gerufen werden; und die zeitliche Beschränkung, die dieser Gesetzes-
bestimmung für Friedenszeiten zukommt, fällt im Krieg weg. Daraus
folgt, daß, wenn der Gesuchsteller nach Deutschland zurückkehrte, er
sofort verpflichtet wäre seinen Platz in der Front zu nehmen (to take
his place in the forces in the field). Ferner könnte nach einem deut-
schen Gesetz von 1913 dieser Mann, obgleich er seine Staatsangehörig-
keit nach dem Gesetz von 1870 verloren hätte, wenn er nicht inzwi-
schen eine fremde Staatsangehörigkeit erlangt hat, seine ursprüngliche
Staatsangehörigkeit wieder erlangen, auch wenn er hier (in England)
bliebe; und wenn er nach Deutschland zurückkehrte und dort Wohnsitz
nähme, hätte er das Recht auf Wiedereinsetzung und sein Ursprungs-
land könnte ihn nicht zurückweisen. Unter diesen Umständen bin ich
der Meinung, daß der Gesuchsteller nicht den ihm obliegenden Beweis
erbracht hat dafür, daß er sich seiner deutschen Staatsangehörigkeit so
vollständig entäußert hatte, daß man ihn hier behandeln könnte als sei
er kein Deutscher!.
! Die Entscheidung ist natürlich für die gesamte englische Recht-
sprechung bindend. Uebrigens ist schon der noch nicht rechtskräftige Be-
schluß der ersten Instanz im Fall Weber als Präjudiz befolgt worden: Rex
v. the Superintendent of Vine-Street Police Station
(Bailhache und Low, JJ.), 6. Sept. 1915. The Times Law Rep. XXXI3 ff.,
bes. 6. Ebenso wurde in Simon v. Phillips (Kings Bench, Lord Rea-
ding, Sankey und Low JJ.) 18. Jan. 1916, The Times Law Rep. XXXII 243,
die Entscheidung eines Londoner Polizeirichters für irrevisibel erklärt, der
erklärt hatte, ein früherer Deutscher, der nachgewiesenermaßen aus dem
deutschen Staatsangehörigen-Verband entlassen war, müsse nicht nur diese
Entlassung beweisen; er müsse auch beweisen, daß er eine andere Staats-
angehörigkeit erworben habe und noch besitze und daß er nicht inzwi-
schen durch Rückkehr nach Deutschland wieder Deutscher geworden sei!
Neuerdings hat in einem Fall, dessen Bericht allerdings nicht ganz
klar ist, ein Londoner Polizeigericht den Standpunkt eingenommen, der in
England geborene minderjährige Sohn eines Deutschen sei nicht Engländer,
da er als Minderjähriger den status des Vaters teile; er sei deshalb nicht
wehrpflichtig, könne aber auch nicht interniert werden, da eine in England
geborene Person gegen die Internierung verfassungsmäßig geschützt sei
(Clerkenwell Police Court, 12. April 1916, Rex v. William Kropp).