Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

Die zwei Schwarzburger Stimmen. 
Von 
W. CH. FRANCKE, OLGRat a. D. 
Die zwei deutschen Bundesstaaten Schwarzburg-Rudolstadt und 
Schwarzburg-Sondershausen rüsten sich jetzt, wie die Zeitungen sagen, 
ein einziger einheitlicher Staat zu werden. Tatsächlich waren sie 
es so ziemlich schon seit 1909; denn nachdem damals mit Fürst Karl 
Günther von Sondershausen der Mannstamm der Sondershäuser Linie 
ausgestorben, hat die Rudolstädter Regierung auch die Verwaltung des 
Sondershäuser Landes übernommen und bisher fortgeführt. 
Beiden Schwarzburgs steht nach Art. 6 der Verfassung des Deut- 
schen Reichs je eine Stimme im Bundesrat zu, und man hat die Frage 
aufgeworfen, ob dem rechtlich geeinten Schwarzburg im Bundesrat zwei 
Stimmen zustehen würden oder nur eine M. E. unterliegt es keinem 
Zweifel, daß ihm nur eine Stimme zusteht. 
Daß es unvernünftig sein würde, wenn ein Staat mit nur wenigen 
hunderttausend Einwohnern zwei Stimmen hätte, wo z. B. Hamburg 
nur eine und Preußen nur siebzehn Stimmen hat, das kommt freilich hier 
ebensowenig in Betracht, als ob es für die Regierung des Reiches 
zweckmäßiger ist, daß ein von Preußen wirtschaftlich sehr abhängiger 
Bundesstaat ein oder 2 Stimmen im Bundesrat hat. 
Aber wenn auch, Gott sei Dank!, das Deutsche Reich nicht allge- 
meiner Rechtsnachfolger des Deutschen Bundes und des heil. Römischen 
Reiches deutscher Nation geworden ist, so haben doch die Gründer des 
Deutschen Reiches manches Einzelne unter Hinweis und unter Bezug- 
nahme auf entsprechendes Früheres geordnet. Das ist insbesondere hin- 
sichtlich des Stimmrechts der Bundesstaaten der Fall. Der oben er- 
wähnte Art. 6 beginnt bekanntlich: „Der Bundesrat besteht aus den 
Vertretern der Mitglieder des Bundes, unter welchen sich die Stimm-
	        
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