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helles Licht gestellt. Unter den völkerrechtlichen Monographien ragt die
vorliegende durch die juristische Methode ihrer Bearbeitung und die Klar-
heit ihrer Resultate hervor. Laband,
Dr. Christian Meurer, Der Lusitania-Fall. Verlag J. C. B. Mohr
(Paul Siebeck), Tübingen, III und 109 S. Preis M. 2.—.
MEURER war vor andern berufen, den berühmtesten Völkerrechtsfall
des Krieges vom deutschen Standpunkt aus wissenschaftlich zu behandeln;
er hat diese bedeutende Aufgabe gelöst, wie man es von ihm erwarten
durfte. Die Darstellung ist, ihrem Gegenstand angemessen, von größter
Klarheit und Entschiedenheit und, was heutzutage nicht wenig sagen will,
von richtigem, würdigem Maß im Ausdruck. Die Gliederung in Tatsachen-
material und Rechtsfrage, mit den Unterteilen der Schiffs- und Ladungs-
frage, der Vergeltungsfrage und der besonderen Rechtsfrage gegenüber
Amerika macht die Erörterungen auch dem Laien, zumal dem juristisch
nicht geschulten Politiker, übersichtlich; daß gerade auf die letzte Frage,
die Klärung unseres Rechtsverhältnisses zu Amerika, besonderer Wert gelegt
ist, erklärt sich ohne weiteres aus der praktischen Wirkung, die MEURERS
Schrift für die damals noch schwebenden Verhandlungen der hauptbeteilig-
ten Staaten beanspruchen durfte.
Für das Urteil des Verfassers über die völkerrechtliche Zulässigkeit der
Versenkung ohne Anruf war entscheidend nicht sowohl die Eigenschaft des
Schiffes als Hilfskreuzer, bewaffnetes Handelsschiff, Munitions- und Trup-
pentransportschiff — er spricht in dieser Beziehung alle Möglichkeiten
sorgfältig durch, ohne die Schwierigkeit der sich widerstreitenden Tat-
sachenbehauptungen zu verkennen — als der Gesamtcharakter des Unter-
seebootkriegs und der deutschen „Krieggebiets-Erklärung“ : sie sind zulässige
Vergeltungsmaßregeln gegen die Völkerrechtsverletzung von seiten Englands.
Von ihr geht MEURER in seiner Darstellung aus; er hat als einer der be-
sten Kenner des Haager Konventionsrechts und der Verhandlungen des In-
stituts ein sicheres Urteil darüber. Die Fälle der Führung fremder Flaggen,
der Verteidigung von Handelsschiffen und des Herabholens deutscher Re-
servisten von neutralen Schiffen kommen dabei nur unterstützend und ne-
bensächlich in Betracht. Die Hauptsache ist und bleibt die Sperrung der
Zufuhr in völkerrechtlich nicht zulässiger Weise. Diese Frage des Aus-
hungerungskriegs ist natürlich keineswegs rechtlich so klar wie sie dem
natürlich-sittlichen Empfinden (zumal des Auszuhungernden) zu sein scheint.
Die völkerrechtlich anerkannte effektive Blockade kann sehr leicht tatsäch-
lich zur völligen Abschneidung allen Außenhandels für den blockierten Staat
führen — wie ja auch im regelrecht geführten Landkrieg äußerste Hungers-
not für ganze Provinzen oder kleine Staaten als Folge feindlicher Be-
setzung der Zufahrtswege eintreten kann — und man muß sich immer ge-
genwärtig halten, daß sobald einmal Blockade durchgeführt ist, die Kontre-
bandefrage davor zurücktreten muß. Gerade in den englischen Debatten