Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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PILoTY in dieser Zeitschrift Bd. XXXIII (1915) 8. 1f. behandelten Falle, 
zu dem ich die gerichtlichen Entscheidungen in der Rhein. Z. Bd. VII 
S. 250—258 mitgeteilt habe, entnommen werden. Das bayerische Beamten- 
gesetz bestimmt in $ 35: 
Für die Dauer des regelmäßigen Urlaubs und für die Zeit der Abwesen- 
heit, für die der Beamte eines Urlaubs nicht bedarf... findet ein Abzug 
vom Gehalte nicht statt... 
Das Gleiche gilt im Falle der Erkrankung für die Dauer von 26 Wochen. 
Dazu bemerkten die Gründe des Gesetzes, ohne irgendwo Widerspruch zu 
finden: „Die Belassung des Gehalts in Erkrankungsfällen auf die Dauer 
von 26 Wochen ist im Hinblick auf die Bestimmung in $ 3 KrVG. vorge- 
sehen, um dadurch die etatsmäßigen Beamten grundsätzlich von der Kranken- 
versicherungspflicht auszunehmen.“ Die Regierung verweigertein einem Einzel- 
falle dem von ihr während der 26 Wochen wegen der Krankheit entlassenen 
Beamten den Gehalt von der Entlassung ab, weil von da ab ein Gehalt 
nicht mehr in Frage komme. Das OLG. Zweibrücken verurteilte zur Zah- 
lung von 26 Wochen Gehalt. Einmal sei das der klar ersichtliche Wille 
des Gesetzes. Halte man aber dieses für unklar, so zeige die im einzelnen 
dargestellte Rechtsentwickelung und die Begründung des Gesetzes, die im 
gegenwärtigen Falle zugleich eine Willenserklärung des Staates darstelle, 
daß Bayern seinen Beamten, um sie von der reichsgesetzlichen Versiche- 
rungspflicht zu befreien, die Zahlung des Gehalts für 26 Wochen als Ver- 
sicherungsleistung unabhängig von einer etwaigen Entlassung versprochen 
habe. Das ObLG. hob mit Urteil vom 23. März 1914 auf und wies die Klage 
ab. Die Vergleichung mit dem Urlaub und die Stellung im Gesetz zeige, 
daß es sich nur um wirklichen Dienstgehalt in Art. 35 handle, der mit der 
Entlassung aufhöre und bei, hier allerdings nicht vorliegender, Strafent- 
lassung doch unter allen Umständen aufhören müsse. Die Begründung sei 
für die Auslegung des Gesetzes nicht entscheidend. Der Mangel einer ge- 
setzlichen Vorschrift könne, auch wenn er darauf beruht, daß der Gesetz- 
geber irrtümlich geglaubt hat, die Vorschrift sei im Gesetz enthalten, 
von dem nur zur Gesetzesanwendung Berufenen nicht beseitigt werden. 
Hier war aber die Vorschrift tatsächlich im Gesetz enthalten und, wenn 
man das Wort „Gehalt“ für auslegungsbedürftig hielt, dann mußte die Be- 
gründung des Gesetzes und die Rechtsentwickelung herangezogen werden, 
die jeden Zweifel über den Sinn behoben hätten. Nach der Heckschen 
Ansicht hätte die geschichtliche Entwickelung von Anfang an die Frage 
entschieden. 
Man sieht, wie wichtig der Begriff der Auslegung für die Rechtsprechung 
ist. Die Schrift von Heck führt unsere Erkenntnis in einer großen Reihe 
von Punkten über das bisher Erreichte hinaus. 
Zweibrücken Silberschmidt. 
München.
	        
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