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unsicheres Recht!“ (S. 78). Der ZeILERsche Gedanke, unsicheres Recht
durch sicheres zu ersetzen, ist denn auch ganz berechtigt. Ein Auslegungs-
gerichtshof würde aber die Unsicherheit gegenüber dem bestehenden letzten
Rechtszug noch vermehren, zumal für die freiwillige Gerichtsbarkeit und
das Grundbuchrecht das Mittel des $ 79II RGBO. und $ 28 FGG. sich be-
stens bewährt hat und immer weitere Verbreitung findet, insbesondere auch
in der RVO., für bürgerliches Recht und Strafrecht aber $ 37 GVG., richtig
angewendet, schon jetzt ausreicht oder doch leicht zu verbessern sein
dürfte. So ist auch die Gewißheit des Richterspruchs, unbeschadet seiner
Richtigkeit und Gerechtigkeit, von hoher Bedeutung.
Zweibrücken Silberschmidt.
München. nn
Heinrich Siber, Die Frage der Verfügungsgeschäfte zu
fremdem Recht. Sonderabdruck aus der Festgabe der Leipziger
Juristenfakultält für RUDOLPH SoHM. Verlag von Duncker und Hum-
blot, München und Leipzig, 1915. 53 8. 8.
Die scharfsinnige Untersuchung SIBERs verteidigt die herrschende
Meinung, daß die Verträge zugunsten Dritter nicht über das Schuldrecht
hinaus zu erweitern und insbesondere nicht auf das dingliche Recht auszu-
dehnen seien, indem in der Hauptsache sowohl ($ 2) die Möglichkeit einer
solchen Ausdehnung auf Grund des Gesetzes wie ($ 3) das Bedürfnis nach
einer solchen Erstreckung verneint wird. Die rein bürgerlich-rechtliche
Abhandlung kann hier nicht eingehend besprochen werden; lohnend wäre
eine Untersuchung über die Ausdehnung der Verträge zugunsten Dritter
auf Staatsverträge und allgemein auf das Völkerrecht, ob also Wirkungen
von Verträgen auf dritte Staaten, die ihnen nicht beigetreten sind, nicht
denkbar sind, ohne daß irgend ein Stellvertretungsverhältnis obgewaltet
hätte. Die Frage dürfte zu bejahen sein und dies Ergebnis würde dafür
sprechen, daß doch ein allgemeinerer Begriff des Verfügungsgeschäfts zu
fremdem Recht besteht, wobei insbesondere der Versprechensempfänger
nicht Vertreter des zu berechtigenden Dritten ist, die für letzteren erlangten
Rechte ihm aber selbst zugute kommen, wenn die Wirkungen auch nicht
in seiner Person eintreten. Man denke z.B. an einen Vertrag, geschlossen
nach der vollständigen Niederwerfung Belgiens zwischen Deutschland einer-
seits, Frankreich und England andrerseits über die Neugründung eines
selbständigen Staates aus den deutschen Eroberungen, ähnlich einem Teil
der Verträge nach dem Berliner Kongreß! Dieses Beispiel deutet dann
auch auf das Anwendungsgebiet der Verfügungsgeschäfte zu fremdem
Rechte, wenn nämlich eine Stellvertretung rechtlich oder tatsächlich nicht
möglich ist.
Zweibrücken Silberschmidt.
München,
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXV. 4. 32