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Prof. Dr. Rudolf Henle, Privatdozent der Rechte an der Universität Bonn,
Unus casus. Eine Studie zu Justinians Institutionen. Verlag der
A. Deichertschen Verlagsbuchhandlung Werner Scholl in Leipzig,
1915. 1858.
Spannend wie die Geschichte der „Verlorenen Handschrift“ liest sich
HenLes Untersuchung, der auch der FREYTAGsche Humor nicht fehlt, über
den berüchtigten unus casus in $ 2 J. de actionibus 4, 6. Nach Erörterung
der konfessorischen und negatorischen Klagen heißt es dort, eine solche
actio gebe es in controversiis rerum corporalium nicht. Denn hier klage,
qui non possidet; dem aber, qui possidet, sei keine Klage aufgestellt, um
das Eigentum jenes Klägers zu bestreiten. „Sane uno casu, qui possidet,
nihilominus actoris partes optinet, sicut in latioribus digestorum libris
opportunius apparebit.“
HENLE begibt sich auf die Suche, indem er planmäßig die äußeren und
inneren Voraussetzungen des „unus casus“ festlegt und dabei alles bisher
Beigebrachte prüft. Er findet in einer, wie mir scheint, vollständig über-
zeugenden Weise den „unus casus“ in der prohibitoria des nuntiierenden
Eigentümers. Sie ist die Befugnis, der besonderen Störung entgegenzu-
treten (S. 105), geltend gemacht im ordentlichen Rechtsstreit als Nachver-
fahren der operis nuntiatio, die sich gegen die Eigentumsstörung durch
Bauen richtet (S. 129). Sie ist (S. 176) eine actio in rem, betrifft eine
controversia rerum corporalium, der nuntiierende Eigentümer besitzt und
nimmt doch die Rolle des Klägers ein. Die operis novi nuntiatio wird in
den Institutionen nicht behandelt, dagegen erscheint sie ausführlich in den
Digesten, sie wurde aber durch das Interdiktum des Prätors überholt und
vergessen. So entstand das Rätsel des „unus casus“, das nunmehr gelöst
erscheint.
Da die nachbarrechtlichen Streitigkeiten, insbesondere weß$en Beein-
trächtigung des Eigentums durch Bauten, in das öffentliche Recht hinüber-
greifen, so ist es auch an dieser Stelle angezeigt, auf das schöne Buch
HENLEs hinzuweisen.
Zweibrücken Silberschmidt.
München. ——
Emil Strohal 1844—1914. Von Ludwig Mitteis. 50 Sn. Mit dem
Bilde Strohals.. Sonderabdruck aus Iherings Jahrb. Bd. LXV (1914)
Ss. 1f.
Den 64. Band der Jahrbücher IHERINGs „für die Dogmatik des bürger-
lichen Rechts® leitete ein die wundervolle, mit GOETHEschem Geist er-
füllte, in ein Loblied Oesterreichs als Schützerin der Künste und Wissen-
schaften ausklingende Gedächtnisrede STROHALS auf JOSEF UNGER. Und
an der Spitze des nächsten Bands dieser Jahrbücher steht der Nachruf des
Oesterreichers Lupwıs MITTEIS auf den Oesterreicher EMIL STROHAL,
nachdem im letzten Hefte des 64. Bands schon die Mitherausgeber VIKTOR