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werden, daß aus den Wirkungen eines Tatbestands auf die einzelne Seele
die Frage nicht zu lösen ist. Vielmehr weckt das Zusammenleben der
Menschen die Ueberzeugung von der Notwendigkeit einer Abgrenzung der
einzelnen öÖffentlich-rechtlichen und privat-rechtlichen Herrschaftsgebiete
und von der weiteren Notwendigkeit der Ausübung eines Zwangs für diese
Abgrenzung (vgl. z. B. STAMMLER in „Systematische Rechtswissenschaft‘
1913 S. 2, 13£.).
Die Tatsachen des Rechtslebens werden wieder in zwei große Gruppen
zerlegt: Ereignisse und Zustände. Die Unterscheidung der zur Herbeifüh-
rung eines Erfolgs zusammenwirkenden Tatsachen in Ursachen und Be-
dingungen lehnt von TuHrR (S. 17) in der Hauptsache ab. Unter den
Tatsachen stehen in erster Linie die rechtlich bedeutsamen Handlungen
(S. 103); von großer Wichtigkeit sind auch die Tatsachen des Vorstellungs-
lebens, die Kenntnis oder Unkenntnis der beteiligten Personen von gewissen
Umständen (S. 127f.).
Aus der vom Gesetz den Beteiligten eingeräumten Möglichkeit, inner-
halb gewisser Grenzen maßgebende Bestimmungen für ihre Rechtsverhält-
nisse zu treffen, entspringt (S. 173f.) das Rechtsgeschäft, dem der Halb-
band zum größeren Teil gewidmet ist. Ob die auf den Vorschriften der
Gewerbeordnung beruhenden Arbeitsordnungen, wie gewiß die Versiche-
rungsbedingungen, nur rechtsgeschäftliche Erzeugnisse sind (S. 146), mag
bezweifelt werden. Die für die Rechtsgeschäfte des bürgerlichen Rechts
gegebenen Bestimmungen werden meist für die Rechtsgeschäfte des Staats-
und Verwaltungs-, sowie des Völkerrechts entsprechend anwendbar sein
(S. 147); wenn von Tunur der Klage ausschließlich öffentlich-rechtliche
Bedeutung und niemals die des Rechtsgeschäfts zuweist, so kann wohl im
Einzelfalle die Klage von den Beteiligten auch als Rechtsgeschäft z. B. als
Anerkennung, Kündigung, Anfechtung gestaltet werden, nicht nur diese
Rechtsgeschäfte in sich enthalten (8. 157 und 158 A. 95 sowie die dort
Genannten).
Mit Recht fordert von Tuar (S. 201), daß, wenn die Wirkung eines
Rechtsgeschäfts von einer Bedingung oder Voraussetzung abhängen 'soll,
diese Abhängigkeit aus der Willenserklärung zu entnehmen sein müsse.
Er folgt dabei der Bekämpfung der Wınnsctueipschen Lehre durch LENEL,
scheint aber auch geneigt zu sein (S. 201 A. 45) auf die LenEusche Unter-
scheidung Gewicht zu legen, ob der regelmäßige Vertragsgegner den
fraglichen Umstand ausdrücklich zu bezeichnen pflegt. Gegen diese Be-
rücksichtigung der einen Seite habe ich mich früher schon ausgesprochen
(Clausula rebus sic stantibus im BGB., Bl. f. RA. Bd. 68 S. 157f.), eben
weil es darauf ankommt, worüber beide Teile einig waren. Die Wirkung
der clausula auf die Würdigung der Vertragsberedungen schränkt von TUHR
meines Erachtens zu sehr ein, indem er nur durch Heranziehung des $ 242
BGB. helfen will, weil anzunehmen sei, daß gerade außergewöhnliche Er-