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nicht geringem Maße Gegenstand juristischer und politischer De-
batten wurde. LUDWIG KosSUTH hatte den Abgeordneten gegen-
über, die ihn in Turin besuchten, behauptet, daß das Original-
exemplar der Pragmatischen Sanktion nicht vorhanden sei. „Vor
einigen Jahren — sagte er — haben meine Freunde in Ungarn
an den im Wiener Archiv tätigen LUDwIG THALLÖCZY geschrie-
ben, er möge die Freundlichkeit haben, die Urkunde einzusehen.
Auch von ihm kam bloß die Antwort, sie sei nicht vorhanden,
er habe sie nicht gesehen, dies sei nur ein Hausgesetz. Es ist aber,
wie ich meinen will, ganz und gar unstatthaft, mit Hausgesetzen
die Krone Ungarns hin- und herzuwerfen. Man müßte sich mit
eigenen Augen überzeugen, wo diese Pragmatische Sanktion sei?
— denn im Corpus Juris ist dieses Hausgesetz freilich nicht ein-
getragen.“... „Die Pragmatische Sanktion ist gefälscht.“ ...
„Sie könnten mit Recht die Deponierung des Originals im Landes-
archiv fordern ®?.
Im Zusammenhange damit teilt der Pesti Hirlap fortsetzungs-
weise die halbamtlichen Anmerkungen der Budapester Correspon-
denz mit, die bereits richtigerweise einen Unterschied zwischen
der österreichischen und ungarischen Pragmatischen Sanktion macht
und hervorhebt, die von LupwI@ KossuUTH aufgeworfene Frage
sei vom Gesichtspunkte des ungarischen Staatsrechtes schon an
und für sich ganz irrelevant, da ja im Hinblick auf Ungarn aus-
schließlich das hierauf bezügliche Gesetz maßgebend sei, nämlich
die GA. 1, 2 und 3: 1723, durch welche die Thronfolge des
Hauses Habsburg in den Ländern der ungarischen Krone genau
und ausführlich geregelt wird. „Ein von Karl unterfertigtes, ob-
zwar gedrucktes Exemplar der (Gesetze vom Jahre
1722/3 befindet sich unseres Wissens im ungarischen Landesarchiv
sub Zahl 59%. Das Original der österreichischen Pragmatischen
Sanktion ist jedoch im K. und k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv
Wien vorhanden®.
» S. Pesti Hirlap vom 29. September 1892, 8. 3.
s Ebenda. — Über den Verlust der ungarischen Pragmatischen Sank-
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