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Eine derartige Schlußfolgerung ist, daß der sanktionierte
Originaltext und der des verkündigten Gesetzes
buehstäblich übereinstimmen müssen. Heute, wo die
Verantwortung für die buchstäbliche Übereinstimmung des im
Reichsgesetzblatt (Orszäagos Törvenytär) erschienenen, allgemein
glaubwürdigen Gesetzestextes mit dem sanktionierten Originalge-
setze, dessen beglaubigte Abschrift das Reichsgesetzblatt bringt,
der Minister des Innern trägt, ist die Übereinstimmung durch
die ministerielle Verantwortlichkeit gesichert. Freilich kommen
trotzdem auch bei der größten Vorsicht sog. „Druckfehler“ vor,
die verschiedener Natur sein können, doch interessieren uns hier
bloß diejenigen, die in dem im Gesetzblatte abgedruckten Texte
erscheinen, wodurch ein Unterschied zwischen diesem und dem
sanktionierten Originaltexte entsteht.
Die Verfassungen verfügen nirgends im Hinblick auf die Ge-
setzespublikationsfehler. Bei uns und im Deutschen Reiche ist
es Brauch, daß in solchen Fällen einer folgenden Nummer des
Gesetzblattes ohne jedwede Unterschrift ein Berichtigungszettel
beigelegt wird. Dies ist unstatthaft, da der im Gesetzblatte ein-
getragene Text allgemein glaubwürdig ist, wofür gerade der Mi-
nister des Innern haftet, weswegen er jede Textänderung mit seiner
Unterschrift beglaubigen müßte. Daß bei solchen Gelegenheiten
kein neues Gesetz gefordert wird, beruht wiederum gerade auf
jener Auffassung, wonach die Durchführung der Verkündigung
nicht als streng genommenes (Gesetzgebungsverfahren, sondern
bloß als Vollziehungsakt: als Vollziehung des Verkündigungsbe-
fehles des Herrschers betrachtet wird!!®. Bei uns war in letzter
110 Ein besonders großes Aufsehen erregte seinerzeit die Berichtigung
der deutschen Novelle zur Gewerbeordnung vom 1. Juni 1891 in einer
Nummer des Reichsgesetzblattes vom Jahre 1898,- also nach sieben Jahren.
— 8, tiber den Druckfehler LABAnD a. a. O. Bd. II, S. 58f. — TEZNER
a. & O. 8. 52f. — FLEISCHMANN a. a. 0. 8.98f. — LuKasa. a. 0. S. 232f,
— DERSELBE, Fehler im Gesetzgebungsverfahren. (S.-A. aus dem „Recht*.)
Hannover 1907. — Jo6 a. a. O. 8. 237 f. — Anschürz, Fälle und Fragen
des Staats- und Verwaltungsrechts. Berlin 1911, 8. 2 £.