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konnten. Den zweiten großen Einfluß übte der Krieg, der vor allem die
Auswahl der Beitragenden beschränkte (so die Zuziehung der österrei-
chischen Bundesgenossen erschwert haben mag), aber auch in stofflicher
Anregung die Wahl der Themen mitbestimmte.
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1. Vor allem veranlaßte die Kriegslage den leitenden von der Meister-
hand LABANDs entworfenen Aufsatz über „die Verwaltung Belgiens wäh-
rend der kriegerischen Besetzung“ bis Ende 1915 (8. 1-28). Der Alt-
meister erläutert einführend das Wesen der Besetzung (S. 3—4), durch
welche der besetzende Staat die Ausübung der über dieses Gebiet und
seine Bewohner bestehenden fremden Staatsgewalt übernehme
(S. 5). Diese Ausübung ist „militärisches Recht“ des „obersten Kriegs-
herrn der Okkupationsarmee‘, „Betätigung der Kommandogewalt“ und als
deren Aeußerung „unbeschränkt“, also weder an Zustimmung des Bundes-
rates oder des Reichstages noch an Gegenzeichnung des Reichskanzlers ge-
bunden (8. 6f.). Aus all dem ergeben sich verschiedene Konsequenzen für
die Stellung des Kaiserlichen Generalgouverneurs (S. 7) und für das Ver-
hältnis des besetzten Gebietes zum Reichsgebiet (S. 7f.); doch ist dieses
letztere gleich seinen Bundesgenossen im Sinne des in Belgien geltenden
Strafgesetzbuches (Art. 113 ff.) sowie des Gesetzes v. 4. 8. 1914 über die
Verbrechen und Vergehen gegen die äußere Sicherheit des Staates nicht
als fremde Macht anzusehen (S. 8f.). Da der Generalgouverneur als Ver-
treter des Kaisers nicht die Reichsgewalt, sondern die belgische Staatsge-
walt und zwar in vollem unbeschränktem Ausmaße ausübt, ist auch
das Verordnungsrechtals Rechtsquelle sachlich unbeschränkt
und der Gegensatz zwischen Gesetzen und Rechtsverordnungen verschwin-
det (S. 9). — Bezüglich der belgischen Staatsverträge macht der Verfasser
insbesondere darauf aufmerksam, daß infolge Wesens und Zwecks der krie-
gerischen Okkupation „als feindliche kriegführende Staaten nicht diejenigen
anzusehen sind, welche sich mit Belgien im Kriegszustande befinden, son-
dern diejenigen, welche gegen den okkupierenden Staat Krieg führen. Da-
her verlieren auch die Staatsverträge, welche zwischen Belgien und dem
Deutschen Reiche oder einem deutschen Bundesstaat oder mit einem der
mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten abgeschlossen worden sind,
ihre Geltung, da im Verhältnis zu diesen Staaten Belgien selbst ein feind-
licher Staat ist“ (S. 12f.). — Der Kriegsgebrauch ist im Sinne der weiteren
Ausführungen nicht Rechtsquelle, sondern bloß tatsächliche Uebung „trotz-
dem die kriegsgebräuchlichen Vergeltungsakte eine allerdings nur äußer-
liche Aehnlichkeit mit gesetzlich bestimmten Strafen aufweisen, indem sie
wie diese in der Zufügung eines Uebels bestehen“ (S. 13). Ebensowenig
besitzt nach LABAnD der neben den Gesetzen hergehende, lediglich in
der Kommandogewalt wurzelnde Kriegsgebrauch die Kraft völkerrechtlicher
Satzungen (S. 14).