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der Reichsverfassung (S. 270) — erblickt SMEnD den grundlegenden Unter-
schied darin, daß der republikanische Bundesstaat in seiner eigenen Sphäre
keine Einwirkung der Einzelstaaten kenne, wohl aber seinerseits machtvoll
bestimmend auf das Allerheiligste der Einzelstaaten wirke, indem er ihnen
die Grundprinzipien ihrer Verfassungen vorschreibe, wogegen der mon-
archische Bundesstaat die Einzelstaaten das ganze Leben der bundes-
staatlichen Gesamtheit entscheidend bestimmen lasse, aber ängstlich jedes
Hineinregieren in den Bereich des Einzelstaates vermeide (S. 268).
„Preußens Pflicht, einen König zu haben, ist nicht die Pflicht des
republikanischen Einzelstaats, eine dem Geiste des Ganzen entsprechende
Verfassung zu haben, sondern umgekehrt, die Pflicht, dem Ganzen die
politischen Kräfte des Einzelstaats, so wie sie geschichtlich sind, zur
Verfügung zu stellen“ und „unterwirft das Reich unter den Einfluß der
geschichtlich-politischen Eigenart der preußischen Monarchie“ (S. 268). Der
Einflußnahme der Einzelstaaten öffnen sich allerlei Wege, diplomatische wie
administrative (Einwirkung auf die Reichsverwaltung durch verhältnismäßige
Ergänzung des Reichsbeamtenkörpers, und durch die Beteiligung an den
Reichsaufgaben im Bereiche der mittelbaren Reichsverwaltung, S. 269).
Daß all dies in der Reichsverfassung selbst entweder gar nicht oder nicht
mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, liegt „zunächst natür-
lich an der technischen Schwierigkeit, die hier in Betracht kommenden
Rechtsbeziehungen in scharf gefaßte Verfassungsartikel einzukleiden* (S. 265,
vgl. auch S. 266 und schon 248). „Technische Schwierigkeiten“ lassen auch
hier eine halbwegs erschöpfende Uebersicht über das gerade sehr wichtige,
von S. selbst nur sehr gedrängt behandelte Hauptmaterial nicht zu. Ist
doch schon die aus der Verfassung „mindestens nicht ohne weiteres heraus-
zulesende® Abgrenzung der sogenannten allgemeinen
Reichsaufsicht (8. 254f.) für sich allein ein recht weitläufiges Pro-
blem. Die Hauptsache ist aber wohl schon die Auswahl und Gruppierung
des heranzuziehenden, nicht kodifizierten Rechtsstoffs zur Durchführung
der von OTTO MAYkER für dieses Gebiet anempfohlenen „Befreiungsarbeit“,
in deren Dienst sich die Abhandlung mit ihren sehr erwägenswerten Er-
gebnissen stellt. Sie lassen sich vielleicht dahin zusammenfassen, daß die
einschlägigen föderativen Voraussetzungen der Verfassung unwandelbar sind
und selbst zur Fortbildung des Verfassungsrechtes beigetragen haben.
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5. Der vierte Aufsatz der Festgabe: „Verwaltungsrechtliche
Gedanken“ (S. 93—116) ist ein Feldgruß RoBErT PıLorys „in langen
Jahren erwogen‘, aber erst „im Felde niedergeschrieben“ (8. 116). Im
1. Abschnitte (Krieg und Verwaltungsrecht, 8. 93-95) entwickelt
P. beredt die Bedrängnis, in die das Verwaltungsrecht durch den Krieg ge-
rät, wenn die auch schon im Frieden widerstrebende und „ungefüge Rechts-