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amtenrechts, das bisher einer einheitlichen gesetzgeberischen Zusammen-
fassung entbehrt (S. 128), ebenso wie das Beamtenrecht Hessens (S. 141£.),
geht v. C. bis auf die Churfürstliche Ordnung der Cantzley des Cammer-
gerichts zu Berlin, de Anno 1562. (Myuıus, Corp. Constitut. Marchicarum
II, I Nr. 10, 8. 58, vgl. S. 130) zurück, um schließlich (S. 138f.) aus der
Gegenüberstellungderälterenund der neueren beamtenrechtlichenVorschriften
Preußens zur Schlußfolgerung zu gelangen, daß die Verschwiegenheitspflicht
des Staatsdieners ursprünglich auf ausdrücklicher Uebernahme dieser Pflicht
durch den Beamten (Dienstordnung, Diensteid), später mit dem Siege der
modernen Staatsauffassung und wohl auch infolge jahrhundertelanger Ge-
wöhnung an die tatsächliche Wahrung des Dienstgeheimnisses ohne weiteres
aus der Treuepflicht hervorgeht. Für die einzige wahre Quelle der heutigen
Verschwiegenheitspflichtin Preußen erklärt v.C. dieRechtsgewohnheit, welche
in der Amtsverschwiegenheit eine selbstverständliche Folge der Treuepflicht
sieht (S. 139). Diese Treuepflicht wird gegen REHM (Die rechtliche Natur
des Staatsdienstes, Annalen 1885, 8.83 ff.) — wie schon eine andere „Treue“
in der unter 4. besprochenen Abhandlung — als Rechtspflicht auf-
gefaßt (S. 137, Anm. 31) und „spielt in bezug auf die Entwicklung der Be-
amtenpflichten eine ähnliche (zentrale) Rolle, wie O'rTo MAYER sie in
seinem Verwaltungsrecht 2. A. 1914, B. I, S. 30 dem jus politiae in bezug
auf die Entwicklung der Landeshoheit zuschreibt“ (Anm. 30). Nicht anders
liegen die Dinge in Hessen (S. 141), während Bayern, Sachsen, Württem-
berg, Baden (S. 139£.) die Frage wesentlich im Einklang mit $ 11 RGB.
geregelt haben. Vgl. übrigens mit dem neuen bayerischen Beamtengesetz
v. 16. Aug. 1908 (Art. 14 u. 15) die davon wahrscheinlich beeinflußten, aber
noch detaillierteren Bestimmungen des $ 23 und $ 34 in der österr. Dienst-
pragmatik v. 25. Jänner 1914 RGBl. Nr. 15. Die „Rechtsüberzeugung“ ist
also nicht allein „dem Rechte aller deutschen Staaten gemeinsam.“ Der
Il. ausführende Teil (S. 143—164) behandelt eine Reihe von Einzelfragen
bezüglich der Bedeutung und des Umfanges dieser Pflicht von bestimmten,
einheitlichen Gesichtspunkten aus in allgemeingültigen, nicht nur auf
die speziellen Vorschriften eines bestimmten einzelnen Staates abgestellten
Ausführungen“ (S. 143), und enthält eine lange Liste möglicher Konflikts-
fälle, die zumeist mit sicherem Takt behandelt werden. Insbesondere wird
unter Hinweis auf die Entstebungsgeschichte des $ 11 RBG. ein generelles
Schweigegebot bezüglich aller einem Beamten vermöge seines Amtes be-
kannt werdenden Angelegenheiten für den Regelfall ausgeschlossen. Wie
v. C. annimmt, „bedarf der etwa ausnahmsweise vorkommende Erlaß eines
solchen Verbotes einer besonderen Rechtfertigung“ (S. 149). Bei Erörterung
der Frage, ob die Verschwiegenheitspflicht gegenüber jedermann besteht
(III, Unterabschnitt 8. 151—157), wird auf die dem heutigen Bedürfnisse
entspringenden Ausnahmen gegen gemeinnützige Privatorganisationen, Presse
und Parlamentarier gebührend Rücksicht genommen. Dagegen entgeht