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die allerdings an und jenseits der Grenze liegende, praktisch gar nicht be-
langlose Frage, wie weit die Verschwiegenheitspflicht der einzelnen Ver-
waltungszweige und Aemter gegeneinander reicht, der Aufmerksam-
keit des Verf. So schafft z. B. in Oesterreich der besondere Geheimhaltungs-
'paragraph des Gewerbeinspektionsgesetzes v. 17. Juni 1883, RGBl. Nr. 117
(8 16) bemerkenswerte Kontroversen. Aber es kommen noch ganz andere
Dienstzweige in Betracht (Statistik), namentlich gegenüber der Finanzverwal-
tung. Auf die interessante eigene Kasuistik v. ©.s kann hier nicht eingegangen
werden. Zu bedenken käme bloß, ob es sich empfiehlt, in der Aufschrift
des V. Unterabschnittes (S. 160) von den „Trägern der Amtsverschwiegen-
heitspflicht“ zu sprechen und darunter dann im Texte die verpflichteten
Beamten selbst zu verstehen.
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7. (6) RıcHArp THOMA, Der Vorbehalt des Gesetzes im
preußischen Verfassungsrecht (S8. 165—221). OTTo MAYer hat
diesen Begriff geprägt (jetzt DV.I. 2. Aufl. S.71ff.) und THOMA spricht im
Anschlusse an ihn von einem „materiellen Vorbehalt“ (S. 172, 178, 185. u. a.)
oder von „materieller Vorbehaltsgestaltung“ (S. 174), wenn der Gesetzes-
form — entsprechend dem materiellen Gesetzesbegriff (S. 170, 173 u. a.)
oder auch der „materiellen Abgrenzung“ (S. 174) nach einem „allgemeinen
materiellen (Haupt-)Prinzip* (S. 173, 198) — die Erlassung neuer „Rechts-
sätze“ vorbehalten sein soll (S. 176). Die Frage, welche T. in dieser kunst-
vollen dogmatischen Vorarbeit aufwirft und noch weiterhin zu behandeln
gedenkt (S. 221), lautet nun, auf die knappste Form gebracht, dahin, ob
und inwieweit Art. 62 der Preußischen Verfassungsurkunde wirklich schon
ursprünglich, wie so vielfach angenommen wurde (vgl. die Literatur S 186 ff.,
dann wieder 195 ff. u. a.) den materiellen Vorbehalt — oder was hier das-
selbe ist — den materiellen Gesetzesbegriff enthalte (S. 174, 186).
Diese Frage drängt sich dem Verfasser auf, weil „die Verwendung
eines rein formellen Gesetzesbegriffes im modernen Konstitutionalismus die
Regel ist und von vorneherein die Vermutung dagegen spricht, daß die
aus dem französischen und belgischen Recht übernommenen Formulierungen
der preußischen und österreichischen und der Verfassung des Deutschen
Reichs (wie auch der japanischen) in einem anderen Sinne gemeint seien
als die Vorbilder“ (S.. 174 ebenso S. 185).
Daß nun ungeachtet dessen — der Gegensatz zum französischen Rechte
ist übrigens kaum so groß, wie die etwas stilisierende Darstellung T.s an-
nimmt — der materielle Vorbehalt auch in das preußische Verfassungsrecht
Eingang gefunden habe, wird auf die „an den Verfassungsurkunden der
Mittelstaaten aus der vormärzlichen Zeit“ groß gewordene, deutsche Staats-
Rechtslehre zurückgeführt, die „das ursprüngliche System der Verfassungs-
urkunde überwachsen und gewandelt hat“ (8. 174). Wie Verfasser (S. 176)
zeigt, hat sich für alle diese „vormärzlichen Verfassungen ein gleicher,