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Gewonnene freiwillig herzugeben, um sich dann nach jenem Plane
zerfleischen zu lassen.
Die Unklugheit, welche im Uebermaß des Begehrens geübt
wurde, indem man dem Vermittler diesen Plan offenbarte und so-
mit auch vor der Welt kundgab, dürfte sich wohl schon jetzt als
ein negativer Faktor in der Rechnung des Gegners herausgestellt
haben. Glaubte man wohl, sich diese Unklugheit deshalb leisten
zu dürfen, weil man die Zentralmächte schon am Ende ihrer
Kräfte vermutete ? Oder etwa deshalb, weil man allmählich bemerkt
hatte, daß das Programm ohnehin schon bekannt genug geworden
war? oder dachte man, durch ein so „großzügiges“ Eroberungs-
bild die Bewunderung des Präsidenten von Amerika zu finden und
ihn dadurch noch fester an sich zu ziehen und vielleicht zur
stillen oder offenen Teilnahme am Beutezug zu verlocken? Oder
ist es der Zorn gewesen, der über des deutschen Kaisers groß-
mütiges, so manches Segel seines Windes beraubendes Voran-
gehen allzuheftig entbrannte und für einen Augenblick die Ver-
nunft umnebelte? Wer kann in die Tiefen dieses politisch-psycho-
logischen Rätsels schauen? Oder endlich mußte England, um das
Vertrauen seiner Raubgenossen zu befestigen, sich einmal
offen zur Beihilfe bei deren Eroberungsplänen bekennen und be-
nützt es die Friedensbotschaft des Präsidenten Wilson als passende
Gelegenheit zu solchem Bekenntnisse ? Die letzte ist die wahr-
scheinlichste Erklärung, denn England ist die einzige unter den
alliierten Mächten, die schon jetzt einen erheblichen Eroberungs-
besitz in Händen hat, während die andern für ihre „besonderen
Ziele“ auf Englands Versprechungen angewiesen sind.
Die Zukunft wird alles offenbaren. Wichtig ist vor allem,
jede Bewegung Englands mit scharfem Auge zu beobachten, denn
England ist von unseren Gegnern der tückischste und unverschäm-
teste, wohl auch der mächtigste. Ein bewährter Wegweiser für
die allgemeine Richtung ist sicher der, von alledem, was England
zu uns oder über uns sagt, das Gegenteil für das Wahre zu halten,
denn England übt die Kunst, die Wahrheit bis in die letzten Wur-
Archiv des öffentlichen Rechte. XXXVT. 3. PR