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Das kleine Buch behandelt einen sehr zeitgemäßen Gegenstand in
zweckmäßiger Form.
Den Kern bilden das Preußische Gesetz von 1851 und das Bayerische
von 1912. Die einzelnen Paragraphen und Artikel sind mit sehr knapp
gehaltenen, aber inhaltsreichen und wohldurchdachten Erläuterungen ver-
sehen. Insbesondere wird den schwierigen Fragen, welche sich an die Zu-
ständigkeiten des Militärbefehlshabers knüpfen, nicht aus dem Wege ge-
gangen (S. 47 fl.).
Vorausgeschickt ist ein Kommentar zu Art. 68 der Reichsverfassung.
Dabei namentlich auch gute Erörterungen über den Fortbestand landes-
rechtlich geordneter Zulässigkeit der Verhängung derartigen Ausnahme-
rechtes (S. 5 ff.).
Als „Anlagen“ werden die Texte der in Betracht kommenden Gesetze
zusammengestellt (S. 213 ff.). 0.M.
Dr. A. v. Peretiatkowiez, DieRechtsphilosophie des J.J.RoussEAT.
Wien 1916. Alfred Hölder. 40 S.
Fin Sonder-Abdruck aus GRÜNHUTs Zeitschrift und Auszug aus der
Habilitationsschrift, welche der Verfasser der Universität Krakau in polni-
scher Sprache vorgelegt hat.
„Es scheint unerläßlichh, an RoUSSEAU endlich ausschließlich vom
wissenschaftlichen Standpunkte aus heranzutreten“ (S.3). In dieser wohl-
gemeinten Absicht wendet sich der Verf. gegen einige Mißverständnisse,
deren Opfer sein Schriftsteller geworden sein möchte.
Er behandelt zunächst dessen „Naturbegriff“, hebt dann hervor, daß
der contrat social nicht als ein wirklicher geschichtlicher Vorgang ver-
standen werden dürfe; er habe nur „methodologischen Wert“ (S. 16).
Hauptgegenstand der Erörterungen wird aber alsbald die volonte generale,
der Gemeinwille, auf den RoUSSEAU den Schwerpunkt seines Staates legt.
Was bedeutet er?
Es ist der Wille des Volkes, „der Menschen, welche die gegebene Ge-
sellschaft bilden“. Es ist aber nicht der einstimmige Wille aller. Es ist
auch nicht einfach der Wille der Mehrheit. Auch der gilt nur, sofern er
wirklich auf das Gemeinwohl gerichtet ist (S. 22). RoussEAU selbst hegt
ja Zweifel, ob die Masse dafür Verständnis habe. Deshalb läßt er seinen
„legislateur“ als deus ex machina hier einspringen. Wissenschaftlichen
Wert hat dieses Kunststück freilich nicht. Aber vielleicht hätte es größere
Berücksichtigung verdient, als ihm hier zuteil wird, wenn man doch einmal
den wirren Gedanken ROUSSEAUs auf den Grund gehen will. Der Verf.
findet auch, in diesem Gemeinwillen liege „die schwächste Seite seiner Dok-
trin“, und stellt fest, daß die Auffassung hier „einen wesentlichen inneren
Dualismus“ enthält (S. 39). Das ist sehr mild gesagt.