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bessern. verliefen ebenso im Sande, wie seine Bemühungen um eine um-
fassende Reform des materiellen Rechts.
Ein hervorragendes Verdienst hat sich dagegen König Friedrich
der Große um die Förderung der preußischen Justiz erworben. Zunächst
sicherte sich der König die Unabhängigkeit der preußischen Rechtspflege
von der in Verfall geratenen Gerichtsbarkeit des Reiches. Im Jahre 1750
erwirkte er vom Kaiser für diejenigen reichsländischen Besitzungen, welche
noch der höchsten Gerichtsbarkeit des Reiches unterstanden, mit Datierung
von 1746 ein allgemeines und unbeschränktes privilegium de non appellando.
Diese alsbald auch auf Ostfriesland ausgedehnte Errungenschaft bildete die
Grundlage der Justizreformen des Königs. Im Anschluß an sie verbot er
die Aktenversendung an die Juristenfakultäten fremder und einheimischer
Universitäten sowie an die Schöppenstühle. Die Grundgedanken seiner
Justizreform waren Vereinfachung der Gerichtsverfassung, Abkürzung des
Prozeßverfahrens, Vereinheitlichung des materiellen Rechtes. Zu diesen
Zwecken erfolgte eine gründliche Revision aller Gerichte, die Vereinigung
der Berliner obersten Gerichte zu dem neuen Kammergericht und dem die
Realunion aller Landesteile (zunächst außer Ostpreußen) auch in der Justiz
verkörpernden Tribunal (1748—1750), sowie die Zusammenfassung der zweit-
instanzlichen Gerichtsbarkeit in den Landesjustizkollegien oder Regierungen.
Vor allem aber wurde eine umfassende Reform des formellen und materiellen
Rechts in die Wege geleitet. Die zunächst verkündete neue Prozeßordnung
von 1748 (Projekt eines Codicis Fridericiani Marchici, später Codex Fride-
ricianus genannt) stellte weniger eine sachliche als eine Personalreform dar
und trug den Charakter einer Dienstpragmatik. Einen großen Fortschritt
bedeutete dagegen die den gemeinen Prozeß beseitigende Prozeßordnung
des Jahres 1781 (Corpus Juris Fridericianum, Erstes Buch: Von der Prozeß-
ordnung), der Vorläufer der „Allgemeinen Gerichtsordnung“ von 1793/95.
Ergänzend traten die Depositalordnung und die Hypothekenordnung von
1783 hinzu. Eine epochemachende Aenderung des Strafverfahrens bedeutete
die vom König gleich nach Regierungsantritt (1740) verfügte Abschaffung
der Tortur. Nicht zum Abschluß gelangt, aber ganz das Verdienst Friedrichs II.
ist die Reform des materiellen Rechts. Das 1749 und 1751 veröffentlichte
neue Gesetzbuch (Projekt des Corporis Juris Fridericiani) kanı nur teilweise
in einzelnen Provinzen zur Anwendung. Eine Kabinettsorder von 1780 gab
den Anstoß zu einer neuen Reform, als deren Ergebnis ein erster Entwurf
(1784— 1788) veröffentlicht wurde. Aus diesem Entwurf ist erst nach dem
Tode des Königs das „Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten“
(1794) hervorgegangen, ein Werk, das aber noch vollständig als die geistige
Schöpfung Friedrichs des Großen betrachtet werden muß.
Aus diesem Entwicklungsgang, den die preußische Justizverfassung
und Justizverwaltung unter den beiden Königen Friedrich Wilhelm I. und
Friedrich II. genommen hat, läßt sich als in sich geschlossene Epoche die
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