— 374 —
Zeit von 1714 bis 1755 herausheben. Sie steht unter dem Zeichen des
Wirkens wohl des genialsten Förderers preußischer Justiz, des Großkanz-
lers Samuel von Cocceji. Sein Lebenswerk auf Grund der in den
Act» Borussica veröffentlichten Urkunden historisch und juristisch, im
Werdegang wie in den Ergebnissen darzustellen, ist die reizvolle und loh-
nende Aufgabe, die sich der Verfasser des vorliegenden Buches gestellt hat.
Im umfangreicheren ersten, historischen Teile (S. 3—319) betrachtet
SPRINGER denäußerenVerlauf derCoccejischen Justizreform. Nach einer kurzen
Kennzeichnung des Zustandes, in dem sich Recht und Gericht in Preußen
um das Jahr 1713 befanden, entwirft er zunächst ein Lebensbild des großen
Reformatore. Durch die Ernennung zum Mitglied des Obertribunals und
gleichzeitig zum „Geheimen Rat bei dem Justizwesen‘“ (1714) hatte Cocceji
unter den Beratern des Königs einen Posten gefunden, der ihm ermöglichte,
an den schwierigen Fragen, die die Neugestaltung des Rechts und Prozesses
mit sich brachten, teilzunehmen. Seine Wirksamkeit unter Friedrich Wil-
helm I. läßt sich in die Zeit vor und nach der Bestallung als Kanzler
(1737/38) gliedern. Nach Empfang der neuen Würde trat er alsbald an
die schwierige Aufgabe der Personalreform heran. Von Friedrich dem
Großen wurde er im Amte bestätigt und mit umfassenden Vollmachten
ausgestattet. Es gelang ihm, den König zur Annahme eines umfassenden
Reformplanes zu bewegen. Wie die Ausführung des Planes sich im ein-
zelnen in den verschiedenen Landesteilen (in Pommern, Berlin und der
Mark, Halberstadt und Magdeburg, Schlesien, Preußen, Ostfriesland, Cleve
und den übrigen westlichen Landen) vollzog, wird uns vom Verfasser sehr
gründlich und eingehend dargestellt. Mit einem Blick auf Coccejis gesetz-
geberische Tätigkeit und seinen Tod sowie auf den Verlauf der weiteren
Reformbestrebungen bis 1780 schließt der Verfasser seinen historischen
Abschnitt ab.
Viel kürzer ist der zweite, juristische Teil des Buches über die Er-
gebnisse der Reform (S. 323—387). Sie liegen auf dem Gebiete der Gerichts-
verfassung, des Verfahrens und des materiellen Rechts. Der Verf. beobachtet
hier das gesamte Ergebnis von Coccejis Wirken im Zusammenhange mit
den 1746—1756 veröffentlichten Gesetzen und prüft, in welcher Lage sich
die gesamte Justiz, formelles und materielles Recht nach der durch den
ersten Großkanzler vorgenommenen Umgestaltung befanden. Was zunächst
das Verhältnis des Königs zur Justiz angeht, so blieb die Kabinettsjustiz
zwar als eine zu Recht bestehende Einrichtung anerkannt, doch trat der
Erfolg der Coccejischen Gegenbestrebungen in den späteren Lebensjahren
Friedrichs II. immer klarer hervor. Was sodann das Verhältnis der preußi-
schen Justiz zum Reiche und zur Kirche betrifft, so wurde ihre volle Un-
abhängigkeit vom Reiche durch die Erwirkung des unumschränkten Appel-
lationsprivilegs für die gesamten preußischen Reichslande gesichert, dagegen
blieb die geistliche Gerichtsbarkeit der katholischen Kirche entgegen den