Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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Zeit von 1714 bis 1755 herausheben. Sie steht unter dem Zeichen des 
Wirkens wohl des genialsten Förderers preußischer Justiz, des Großkanz- 
lers Samuel von Cocceji. Sein Lebenswerk auf Grund der in den 
Act» Borussica veröffentlichten Urkunden historisch und juristisch, im 
Werdegang wie in den Ergebnissen darzustellen, ist die reizvolle und loh- 
nende Aufgabe, die sich der Verfasser des vorliegenden Buches gestellt hat. 
Im umfangreicheren ersten, historischen Teile (S. 3—319) betrachtet 
SPRINGER denäußerenVerlauf derCoccejischen Justizreform. Nach einer kurzen 
Kennzeichnung des Zustandes, in dem sich Recht und Gericht in Preußen 
um das Jahr 1713 befanden, entwirft er zunächst ein Lebensbild des großen 
Reformatore. Durch die Ernennung zum Mitglied des Obertribunals und 
gleichzeitig zum „Geheimen Rat bei dem Justizwesen‘“ (1714) hatte Cocceji 
unter den Beratern des Königs einen Posten gefunden, der ihm ermöglichte, 
an den schwierigen Fragen, die die Neugestaltung des Rechts und Prozesses 
mit sich brachten, teilzunehmen. Seine Wirksamkeit unter Friedrich Wil- 
helm I. läßt sich in die Zeit vor und nach der Bestallung als Kanzler 
(1737/38) gliedern. Nach Empfang der neuen Würde trat er alsbald an 
die schwierige Aufgabe der Personalreform heran. Von Friedrich dem 
Großen wurde er im Amte bestätigt und mit umfassenden Vollmachten 
ausgestattet. Es gelang ihm, den König zur Annahme eines umfassenden 
Reformplanes zu bewegen. Wie die Ausführung des Planes sich im ein- 
zelnen in den verschiedenen Landesteilen (in Pommern, Berlin und der 
Mark, Halberstadt und Magdeburg, Schlesien, Preußen, Ostfriesland, Cleve 
und den übrigen westlichen Landen) vollzog, wird uns vom Verfasser sehr 
gründlich und eingehend dargestellt. Mit einem Blick auf Coccejis gesetz- 
geberische Tätigkeit und seinen Tod sowie auf den Verlauf der weiteren 
Reformbestrebungen bis 1780 schließt der Verfasser seinen historischen 
Abschnitt ab. 
Viel kürzer ist der zweite, juristische Teil des Buches über die Er- 
gebnisse der Reform (S. 323—387). Sie liegen auf dem Gebiete der Gerichts- 
verfassung, des Verfahrens und des materiellen Rechts. Der Verf. beobachtet 
hier das gesamte Ergebnis von Coccejis Wirken im Zusammenhange mit 
den 1746—1756 veröffentlichten Gesetzen und prüft, in welcher Lage sich 
die gesamte Justiz, formelles und materielles Recht nach der durch den 
ersten Großkanzler vorgenommenen Umgestaltung befanden. Was zunächst 
das Verhältnis des Königs zur Justiz angeht, so blieb die Kabinettsjustiz 
zwar als eine zu Recht bestehende Einrichtung anerkannt, doch trat der 
Erfolg der Coccejischen Gegenbestrebungen in den späteren Lebensjahren 
Friedrichs II. immer klarer hervor. Was sodann das Verhältnis der preußi- 
schen Justiz zum Reiche und zur Kirche betrifft, so wurde ihre volle Un- 
abhängigkeit vom Reiche durch die Erwirkung des unumschränkten Appel- 
lationsprivilegs für die gesamten preußischen Reichslande gesichert, dagegen 
blieb die geistliche Gerichtsbarkeit der katholischen Kirche entgegen den
	        
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