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muß erhalten bleiben. Das deutsche Recht knüpft diese Beurlau-
bung an die Voraussetzung, daß die entstehenden offenen Stellen
durch Einstellung von Rekruten oder Freiwilligen gedeckt werden
können, RMG. $ 60 Ziff. 5, HO. $S 14 Ziff. 2; ın der HO. ist
von solehen Beurlaubungen ausdrücklich nur bei der Kavallerie
und reitenden Feldartillerie die Rede; sie sollen nur „ausnahms-
weise und unter besonderen Verhältnissen“ (Rücksicht auf die
soziale Lage des Pflichtigen usw.) erfolgen.
Die Friedenspräsenzstärke des Heeres — als Jahresdurch-
schnittsstärke — sollte in beiden Reichen immer periodisch für
eine erhebliche Reihe von Jahren, mindestens 10, gesetzlich fest-
gestellt werden unter jährlicher Steigerung entsprechend dem
Wachsen der Bevölkerungsziffer. Mit kurzfristiger Bewilligung,
etwa gar von Jahr zu Jahr, ist die Versuchung zu verderblichen,
stets sich erneuernden parlamentarischen Agitationen gegeben und
der Heeresorganisation unter Schädigung der Machtstellung des
Staates ein Element der Unsicherheit aufgeprägt. Wird der Volks-
vermehrung nicht gebührend Rechnung getragen, so bleibt die
tatsächliche Leistung hinter der Leistungsfähigkeit des Volkes
zurück und es entsteht die schlimme soziale Ungerechtigkeit, daß
ein Teil der vollkräftigen jungen Mannschaft, vorbehaltlich etwa
der Einberufung der Ersatzreserve, militärfrei bleibt, während die
Aelteren, also vielfach Familienväter, die volle Last des Heeres-
dienstes zu tragen haben.
Im Ursprungslande der allgemeinen Wehrpflicht, in Preußen,
blieb es trotz starkem Wachstum der Bevölkerung bis zur Heeres-
reform durch König Wilhelm im wesentlichen bei der Rekruten-
ziffer von 1815. So entstand ein arger Widerspruch zwischen
Prinzip und Wirklichkeit. Viele Tausende kräftiger junger Männer
wurden dienstfrei belassen auf Kosten der älteren Mannschaft, die
stets gewärtigen mußte, von Weib und Kind, von der Scholle,
dem Geschäft, dem Amt zu den Fahnen abberufen zu werden.
Vgl. v. TREITSCHEE, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert,
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