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von Recht und Gerichtsschutz heraus hält man Standgericht und
Standrecht für identisch 2%, nachdem die in der ordentlichen
Strafgerichtsbarkeit liegende Gewährleistung des Gesetzes ent-
fallen ist. An dessen Stelle treten Dienstinstruktionen über den
militärischen Waffengebrauch und das Verbot gewisser, als staats-
gefährlich bezeichneter Tatbestände; der bloße Verdacht ihres
Vorliegens rechtfertigt die Stellung vor das Standgericht, und
dieses erkennt das „Kriegsrecht“, d. h. die Todesstrafe. Und
weil ein Stück Polizei in Frage steht, findet keine Appellation
an die — ja überdies als unzureichend erachteten — Gerichte
statt; das Urteil des Standgerichts wird sofort vollstreekt, einzig
gilt noch der Gnadenweg, der bei gleichzeitiger Verfügung mehr-
facher Todesstrafe aus dem gleichen Anlaß mitunter vorgeschrieben
ist. Immerhin kommt der schon hierin liegende Gedanke, daß
keine reine Willkür stattfinden solle — allzuscharf macht schar-
tig —, auch sonst zum Ausdruck; so sind die Standgeriehte bald
ganz, bald teilweise mit Zivilrichtern besetzt. Weiterhin nehmen
die obersten Landesstellen die beseitigte gerichtliche Kontrolle
in Anspruch, zu welchem Behufe die Einsendung der über die
standgerichtliche Verhandlung aufzunehmenden Protokolle und
eines Berichts des öffentlichen Anklägers von der Zentralstelle
vorgeschrieben werden ®.
Soweit von dieser aus kein Widerspruch erfolgte, war kraft
20 KLEINSCHROD a. a. OD. 276: „Das Recht, das Standrecht zu erkennen,
kann man den unteren oder mittleren Gerichten nicht überlassen aus
der Ursache, weil sie die gewöhnlichen Gesetze sowohl über die Form des
Verfahrens, als besonders über den Maßstab und die Größe der Strafen
suspendiert“. Die Altenburg. Verfass. vom 29. April 1831 zieht in dem
von der Garantie der Rechtspflege handelnden $ 45 als Abs. 3 die Nutz-
anwendung: „Die Staatsregierung ist befugt .. (auch für Personen, die
dem Militaire nicht angehören) Standgerichte in Fällen offener Empörung
oder doch eines tätigen Widerstrebens gegen die Staatsgewalt ohne weiteres
niederzusetzen“.
21 Vgl. Art, 455 bayr. StrGB. 1813, Art. 515 Oesterreich. GesB. 1803
und KLEINSOHROD a. a. 0, 293.