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Diese Garantie erblickt man vor allem in der Ministerverantwort-
liehkeit gegenüber dem Parlament, und zum Zwecke der Prüfung,
ob sie gegeben sei, schreibt man mitunter eine Rechenschafts-
legung vor. Form und Inhalt, Wille und Handhabung des Ge-
setzes können natürlich dessenungeachtet auseinandergehen, anderen-
falls es ja dieser Versuche zur Bindung der Willkür nicht be-
durft hätte. Und so kann auch die Rechenschaftslegung versagen,
sei es, daß die Ministerverantwortliehkeit nicht ausgebaut ist,
sei es, daß die politische Gesamtlage ihre Geltendmachung ver-
hindert. Damit kann allerdings praktisch die Verletzung des
materiellen Gesetzesinhalts ohne Folgen bleiben. Sie bleibt indessen
Gesetzesverletzung; denn die unterbliebene oder erfolglos geblie-
bene parlamentarische Rüge erhebt die Abweichung nicht zum
Gesetzesinhalt, was namentlich dort von praktischer Bedeutung
werden wird, wo eine gerichtliche Nachprüfung des Sachverhalts
möglich ist. Eben deshalb hält man für gewisse Fälle am Stand-
recht fest, um diese Kontrolle beseitigen zu können: Erst das
Hinzukommen des Standrechts, die Ausschaltung der ordentlichen
Gerichte, schafft de facto die Möglichkeit, über eine Regierung
praeter legem hinaus zu einer solchen contra legem zu ge-
langen.
Jene Gesetze und -Entwürfe bedeuten eine wichtige Stufe in
der Entwickelung der jeweiligen Staatsverfassung auf dem Wege
zur Staatseinheit. Handelt es sich doch um ein Stück Polizei,
sodaß also Dreh- und Angelpunkt die Freiheit der Person, das
subjektive Recht und dessen Garantie ist, wobei unverkennbar
noch justizstaatliche Vorstellungen die Hauptrolle spielen. Es
liegt auf der Hand, daß sich diese Gesetze jeweils in die ge-
samte Rechtsverfassung und dem Stande des Kampfes um diese
genau einpassen, und daß sie infolgedessen sehr verschieden aus-
sehen. Man betrachte allein die verschiedenen Grade des Aus-
nahmezustands: Das regelmäßige Tumultgesetz sieht das Ein-
greifen des Militärs auf Ersuchen der Zivilbehörde vor, eventuell
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