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Verfassungsbestimmungen enthalten die Garantie der persönlichen
Freiheit mit Zubehör (Vereins- und Versammlungsfreiheit, Gerichts-
schutz, Preßfreiheit). Das verheißene „Gesetz“ erschien am 10. Mai
1849 als (einfache) Kgl. Verordnung „über den Belagerungszustand*
auf Grund des Art. 105 VU., und wurde dann nach einer Dekla-
ration vom 15. Juli 1849 den Kammern zur „ressortmäßigen Be-
schlußnahme“ vorgelegt. Verabschiedet wurde die Vorlage aller-
dings erst nach Erlaß der vereinbarten Verfassung vom 31. Januar
1850; die vorgenommenen Aenderungen sind geringfügiger Natur,
so daß die oktroyierte Verordnung von 1849 im wesentlichen den
Inhalt des späteren Gesetzes vom 4. Juni 1851 wiedergibt.
Ausgangspunkt ist der Fall des Kriegs oder Aufruhrs; wir
finden also eine Ordnung sowohl des militärischen wie des
bürgerlichen Belagerungszustands, die schon rein äußerlich ge-
schieden sind, indem ersterer von den militärischen Stellen, letz-
terer von dem Staatsministerium (ev. auf Veranlassung der
Distriktsverwaltungsstelle provisorisch durch den militärischen
Befehlshaber) erklärt wird. Die Folge ist in beiden Fällen die-
selbe®!: Da es sich um die Schaffung der Grundlagen für die
v1 Das BZG. regelt bewußt und gewollt auch den Fall des kriegerischen
BZ.; dieser wird daher aus der zunächst rein tatsächlichen Existenz heraus-
gehoben und zu einem Rechtsinstitut. Daneben bleibt für die Anwendbar-
keit des alten Satzes inter arma silent leges kein Raum, so daß — vgl.
die Erklärungen MıQuELs im Nordd. Reichstag 1870 (St. B. 3 57) — wäh-
rend eines Kriegs der Einzelne völlig rechtlos wäre und sich jeden Ein-
griff in seine Privatrechtssphäre gefallen lassen müßte. Jener Satz enthält
nur eine petitio prineipii, die seit 1851 für Preußen ihre gesetzliche Re-
gelung gefunden hat; denri weil nach ALR. Einl. $ 75 bei Eingriffen, die
über das BZG. hinausgehen, Ersatz zu leisten ist, mußte das Kriegsleistungs-
gesetz vom 11. Mai 1851 (Vorgänger: Edikt vom 3. Juni 1814 und NotV. vom
12. Nov. 1850) die Nutzanwendung ziehen und die Fälle bestimmen, in denen
inter arma leges silent, d. h. welche Leistungen kriegsmäßig prästiert werden
müssen. Allerdings spielt gerade in diesem KLG. jene petitio principii noch in-
sofern eine Rolle, als sie — ähnlich wie im BZG. — als Ausgangspunkt unter-
stellt worden zu sein scheint; ganz ähnlich geht die deutsche Felddienst-
ordnung (Z. 430, 451ff.) und mit ihr der deutsche Militärbevollmächtigte
auf der 2. Haager Konferenz davon aus, der Satz la guerre nourrit la guerre