Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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suspension in das Gesetz hinein, um, soweit dies erforderlich ist, 
die vollziehende Gewalt von den Schranken des Gesetzes zu be- 
freien. Weiter reicht die Freiheit vom Gesetz jedoch nicht, als 
hier ausdrücklich vorgesehen ist; eine extensive Interpretation 
dieser Freiheit vom Gesetz ist ausgeschlossen!. Und um im 
übrigen eine strikte Innehaltung und Achtung des Gesetzes auch 
durch die dem MBH. nachgeordneten Stellen um so sicherer zu 
erreichen, stellt das Gesetz die Militärpersonen während des BZ. 
unter das Kriegsgesetz ($$ 6, 7). Im übrigen folgt daraus, daß 
nur die vollziehende Gewalt auf den MBH. übergeht, also die 
Legislative und Justiz selbständig bleiben, daß auch neben den 
100 Vgl. unten N. 124 und 159. — Das ist wesentlich für die Frage, 
ob die Suspension des Obersatzes der persönlichen Freiheit auch die nicht 
ausdrücklich vorgesehene Suspension von Folgerungen aus diesem Obersatz, 
z. B. der Freiheit des Eigentums bedingt, wie die Praxis, und ihr folgend 
vielfach das Schrifttum annimmt. M. E. folgt aus der besonderen Aufzäh- 
lung einzelner Folgerungen in $ 5, daß alle anderen nur insoweit tangiert 
werden, als bei Durchführung sonstiger Möglichkeiten hier ein indi- 
rekter Eingriff stattfindet. Z. B.: „Das Betreten der Hausdächer ist 
verboten“; das Verbot richtet sich gegen die Freiheit der Person und greift 
nur mittelbar, also zulässigerweise auch in die Freiheit des Eigentümers ein, 
nämlich sein Hausdach zu benutzen, seine Stiefel abzutreten usw. Unzu- 
lässig sind dagegen unmittelbare Eingriffe in das Eigentum, das im Weg 
der „Beschlagnahme“ entwehrt wird. Etwas anderes ist es natürlich, wenn 
der MBH. als Inhaber der vollziehenden Gewalt eine dahingehende Ermäch- 
tigung des Bundesrats vollzieht, oder „Kriegsleistungen“ prästiert werden 
(oben N.81). Der nichtsuspendierbare Art.8 VU. verbietet, Strafen anders als 
in Gemäßheit des Gesetzes anzudrohen oder zu verhängen. Die Verhängung von 
Strafen ist Sache der Gerichte, im Verwaltungsweg können nur vorläufige Stra- 
fen festgesetzt werden. Das gilt auch während des BZ. Deshalb war es sehr 
bedenklich, wenn ein MBH. von sich aus innerhalb seiner Durchsetzungsmög- 
lichkeiten als Folge eines ihm nicht genehmen Verhaltens Jemandem 
im Verwaltungsweg Nachteile zufügte, etwa eine Aufenthaltsbeschränkung 
oder eine Verhaftung anordnete, einen Beamten außerhalb des Disziplinar- 
verfahrens aus dem Amt entfernte, ein Geschäft schließen ließ. Aber auch 
die Einführung solcher unserem Rechtssystem fremder „Strafen“ durch den 
MBH. war unzulässig, wie die Androhung der Schließung des Geschäfts bei 
Ueberschreitung der vom MBH. festgesetzten Höchstpreise. Vgl. meine Be- 
merkungen Annalen 1914 S. 654.
	        
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