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Interesse der öffentlichen Sicherheit und das militärische „Be-
dürfnis* werden identifiziert!®. Und da letzteres mitunter Selbst-
zweck ist, der obendrein über allen anderen Staatszwecken steht,
rung der ordnungsmäßigen Ernährung der Bevölkerung und der Truppen
eines in KrZ. erklärten Gebietes angestrebt wird, über das wirtschaftliche
Interesse hinaus; die Anordnung dient mittelbar auch der Erhaltung der
öffentlichen Ordnung und Ruhe und der Erhaltung der Wehrkraft und der
in dem betr. Gebiet befindlichen Truppenteile und damit (!!) auch der Er-
haltung der öffentlichen Sicherheit“. Noch hübscher Bayer. ObLG. (unter
Berufung auf mehrere Entsch. des RG.) in JW. 1916 S. 343 rechts unten:
„Wo die wirtsch. Rüstung eines Volks versagt oder bedroht wird, wo die
Ernährung des Volks in allen seinen Teilen, sonach auch des Heeres, sei
es durch Mangel an Lebens- und Futtermitteln, sei es durch wucherische
Ausbeutung skrupelloser Menschen, in Frage gestellt wird, da muß auch
die Widerstandskraft des Heeres, wenn nicht erlöschen, so doch erlahmen.
Soll daher die Verteidigung des Landes, die öffentliche Sicherheit nicht
Schaden leiden und der Erfolg der kriegerischen Unternehmungen nicht
gefährdet werden, so muß dem MBH. auch das Recht zustehen, den auf
wirtsch. Gebiet die öffentliche Sicherheit bedrohenden Gefahren durch Maß&-
nahmen entgegenzutreten und bei der Untrennbarkeit der militärischen
und der wirtschaftlichen Maßnahmen sind Anordnungen wirtsch. Art auf
Grund des Art. 4 Nr. 2 (bayer.) KrZG. zulässig. Danach (!!) sind die in
dem bezeichneten Umfang nach Art. 4 Nr. 2 zulässigen Anordnungen dazu
bestimmt, die öffentliche Sicherheit zu erhalten, damit die Schlagfertigkeit
keit des Heeres zu gewährleisten und zu erhöhen, sowie die Landesver-
teidigung zu sichern“. Trifft das aber alles noch dann zu, wenn verboten
wird, in einem Öffentlichen Lokal „privat“ zu tanzen (vgl. meine Anm. zu
der Entsch. des RG. in JW. 1916 S. 337), oder Handzentrifugen zu ver-
kaufen (Reichstagssitzung v. 25. Mai 1916)? Radzufahren? Bier aus Krügen
mit zinnernen Deckeln in Gasthäusern zu trinken?
18%? Der Staatssekretär des Innern führte in der Reichstagssitzung vom
25. Mai 1916 aus: „der Kreis der (eine militärische Angelegenheit darstel-
lenden) Zensur darf nicht zu eng gezogen werden. Der Kreis muß alle
Gebiete unseres öffentlichen Lebens umfassen. DerKrieg
wird nicht nur geführt von unseren Truppen draußen, er ist nicht nur ein
Wirtschaftskrieg, sondern er wird auch geführt mit der Druckerschwärze.
Deshalb ist es auch gar nicht denkbar, zu sagen, die
Zensur müsse sich auf rein militärische Dinge be-
schränken. Indas Militärische spielt alles hinein.
Es ist notwendig, aus militärischen und politischen (aha!!) Gründen die
öffentliche Meinung zu reglementieren“.