Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 36 (36)

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Aber weil sich bei dieser Kompetenz des MBH. möglicher- 
weise Unzuträglichkeiten ergeben können, sieht das Gesetz als 
äußerste Möglichkeit die Ausschaltung der ordentlichen Gerichte 
vor und deren Ersetzung durch die Standgerichte, und zwar wie 
im BZG. auch für die Delikte aus Art. 4 Nr. 2. Es wird also 
auch in Bayern nicht nur die Schlagfertigkeit erhöht, sondern 
gleichzeitig — und zwar bezeichnenderweise wieder nur kraft 
königlicher Anordnung — für diesen einzigenFall dem 
MBH. die Möglichkeit einer Regierung contra und praeter legem 
ermöglicht!", wenn und soweit ihm die Standgerichte folgen, 
und das unbeschadet des Fehlens besonderer Vorschriften ver- 
antwortlich bleibende Ministerium diesen Zustand gutheißt. 
Was die Durchführung des Gesetzes anlangt, so wurden 
gleichzeitig mit der Erklärung des KZ. am 31. Juli 1914 die 
MBH. bezeichnet, und ihnen die Befugnisse der den Ministerien 
nachgeordneten Stellen mit Ausnahme der richterlichen und der 
verwaltungsgerichtlichen Tätigkeit übertragen; die bezeichneten 
Staatsbehörden blieben in ihren Funktionen, wurden aber dem MBH. 
nachgeordnet, indem ihnen (also den Regierungs- und Gemeindebe- 
hörden) eine ausdrückliche Folgepflicht auferlegt wurde. Die MBH. 
wurden also zwischen Ministerium und nachgeordneten Stellen 
gestellt, sie sollten von vornherein nur diese Stellung hinter dem 
Ministerium haßen, also sich — trotzdem sie für „persönlich ver- 
antwortlich“ erklärt wurden — den Weisungen der Minister 
fügen. Man darf wohl annehmen, daß es hierbei geblieben ist. 
Nicht dagegen ist es geblieben bei den beschränkten Befugnissen der 
MBH.; die Rechtsprechung des bayrischen Obersten Landesgerichts 
war bemüht, eine möglichst große Uebereinstimmung mit dem 
preußischen Rechtszustand herbeizuführen, d. h. so wie es diesen 
190 Praktische Bedeutung gewann so die Aenderung vom 6. Aug. 1914, 
die es ermöglichte, eine Zensur einzurichten (Fall Quippe). Umgekehrt 
blieb der bayer. Bevölkerung die Beunruhigung durch die sog. Schutzhaft 
bis auf einige seltene Ausnahmefälle erspart, was auch mit dieser Kompe- 
tenzzuweisung zusammenhängt. 
 
	        
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