Literatur.
Dievölkerrechtlichen Urkunden des Weltkrieges.
Herausgegeben von Geh. Justizrat Professor Dr. Th. Niemeyer und
Dr. K. Strupp. 1. Band: Politische Urkunden zur Vorgeschichte
(Jahrbuch des Völkerrechts III. Band). Duncker & Humblot, München
und Leipzig 1916. VII u. 796 S.
Wir wissen, wie wertvoll solche Sammlungen sind für jeden, der sich
in den Gegenstand hineinzuarbeiten hat. Diese hat etwas voraus, was sich
bei anderen Urkunden nicht findet: wenn man sie in die Hand nimmt,
wirkt sie tief ergreifend. Künftige Geschichtschreiber werden durch kunst-
volle Darstellung ähnlichen Erfolg erzielen. Aber hier glaubt man die
Furie selber zu hören: erst leise murrend, bald da bald dort hörbar, dann
immer lauter, bis zuletzt alles mit ibr einstimmt in den Wutschrei des
Weltkriegs. Wie dramatisch stellt sich in diesen Schriftstücken die Kata-
strophe vom 4. August dar! In dem zusammenfassenden Bericht des eng-
lischen Botschafters vom 8. August spürt man gut die nachzitternde Er-
regung und versteht sie auch, Man versteht aber auch das vielbeklagte
Wort des Reichskanzlers im Reichstag über das „Unrecht“, das Belgien
zugefügt wurde: es ist auf England gemünzt und möchte ihm in diesem
schweren letzten Augenblick immer noch etwas Versöhnliches, Begütigen-
des sagen, auch ohne viel Hoffnung. Natürlich waren unsere Feinde weit
entfernt, dafür irgend ein menschliches Verständnis zu haben; für sie ist
dergleichen nie anders als unter dem Gesichtspunkt der rohesten Ausbeut-
barkeit in Betracht gekommen. — Der reiche Stoff ist wohl geordnet,
wesentlich nach der Zeitfolge, wie das ja der Sache angemessen ist. Dreier-
lei Register erleichtern den Gebrauch.
Mehrfach sind Darstellungen des Sachverhaltes eingeschoben, wie sie
die deutsche Regierung durch das Wolffsche Bureau oder die Norddeutsche
Allgemeine Zeitung geben ließ. Das sind eigentlich keine „völkerrecht-
lichen Urkunden“, sondern Plädoyers. Sie erleichtern die Würdigung der
Urkunden; aber wenn man schon einmal mit solchen Beigaben anfing,
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXVI. 4. 33