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Der Verfasser hat die Eigenart seiner Dissertation dadurch betont, daß
er ihr den Untertitel „Deutsche Geistesformen deutschen Arbeitslebens®
gegeben und in den einleitenden Bemerkungen wiederholt den Zusammen-
hang seiner Rechtsauffassung mit philosophischen und kunstgeschichtlichen
Lehren FıcHTes (z. B. S. 12, 61) und H. WöLFFLIns (S. III, 12 Anm. 1) her-
vorgehoben hat. Dieses „Eigenkleid* läßt ihn sich ebenso von der „ver-
alteten Begriffshierarchie“ des reichsdeutschen Arbeitsrechts wie von dem
andern „Ungetüm der freien Rechtsfindung“ abscheiden (z. B. S. 124 oder
S. 319), verhilft ihm aber nicht zu einer für das Leben brauchbaren Rechts-
anschauung. Das Leitmotiv der romanischen Rundform und germanischen
Spitzform für die Rechtsgestaltung ist viel zu pathetisch, das Ziel des „sich
durch lebendige Unterkraftzentren um ein gemeinsames Lebenszentrum
gliedernden, von germanischem Sturmgeist durchfluteten, in klassischen
Rundungen sich auswölbenden Arbeitsstaates freier Stände“ viel zu un-
mäßig idealistisch, als daß sie bei der Untersuchung des lebenden Tarif-
vertragsrechts nützlich und dienstbar sein könnten. So ist denn das Er-
gebnis auch nur eine neue Formel (der Gesamtarbeitsvertrag sei nicht
Rechtsgeschäft, sondern Rechtsquelle, setze nicht rechtliche Fähigkeiten
der an ihm beteiligten Personen voraus, sondern begründe bei diesen Per-
sonen die Eigenschaft des Normgebers und Normunterworfenen) und nicht
einmal eine glückliche. Immerhin zeigt sich in der ganzen Arbeit starke
staatliche Begabung und bemerkenswerte Kraft des Ausdrucks; wir wün-
schen, daß dieser Most einen guten reifen Wein abgebe.
A.M.B.
Dr. H. Giesker-Zeller, Die zivilrechtliche Beschwerde
an das Bundesgericht. XVI und 339 8. Zürich, Orell-
Füßli 1915. Preis geh. Fes. 12.—.
Das eigenartige Rechtsmittel der Schweiz verdient bei der Umgestal-
tung des deutschen Rechtsmittelwesens und besonders der Revision zum
Reichsgericht die vollste Aufmerksamkeit der reichsdeutschen Juristen.
Hierbei ist das Buch des Zürcher Dozenten und Anwalts ein höchst will-
kommener Führer in die Praxis. Auch für das Kriegsrecht gibt die vor-
treffliche Arbeit wertvolle Beiträge, da die zivilrechtliche Beschwerde auch
die Abgrenzung zwischen inländischem und ausländischem Recht und die
Rechtsverhältnisse der „Niedergelassenen und Aufenthalter“ in der Schweiz
zum Gegenstand haben kann (S. 105 fgde, 124 fgde).
A.M.B.