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Preußen nicht anders und rechtlich nicht mehr beteiligt ist als
alle anderen deutschen Staaten, Elsaß-Lothringen nicht ausgenom-
men. Aber so wenig ein Mensch als Individuum teilbar ist oder
gegen sich selbst wollen kann, so weit ist durch die Verbindung
des Kaisertums mit dem preußischen Königtum die staatsrecht-
liche Verbindung des Reichs mit Preußen gesichert.
Minder offen als bei Bundesrat und Kaiser liegt die Be-
ziehung zwischen Reichs- und Staatsorganisation beim Reichstag
vor. Der Reichstag steht konstruktiv für sich allein, er ist kein
Ausschuß der Landtage, geht nicht aus dessen Mitgliedern oder
aus Wahlen der Landtage hervor. Die Zuständigkeitsgrenze,
welche zwischen Reich und Staaten läuft, schneidet zwar auch
zwischen Bundesrat und Staatsregierungen und zwischen Kaiser
und König von Preußen hindurch, sie löst aber bei diesen beiden
Willensträgern des Reichs nicht alle Zusammenhänge. Beim
Reichstag aber tut sie dies, indem dieser nur Reichsorgan ist
und keinen anderen Willensträger hinter oder unter sich hat, als
etwa das nicht organisierte wählende Gesamtvolk. Ob man sich
dabei den Reichstag als über oder neben die Landtage gestellt
denkt, ist hiefür gleichgültig. Es besteht jedenfalls zwischen
ihnen kein Abhängigkeitsverhältnis derart wie bei den beiden
anderen Reichsorganen. Und auch die formale Anordnung der
Wahlkreiseinteilung nach den Staatsgebieten und die Zuweisung
bestimmter Stellenzahlen an die Staaten ändert daran nichts und
kann nicht dazu führen, den Reichstag als ein Staatenparlament
zu erklären. Der Reichstag ist vielmehr das unmittelbare Organ
des deutschen Gesamtvolkes, wie es sich als parteimäßig geglie-
derte Wählerschaft jeweils an den Wahlen zum deutschen Reichs-
tag beteiligt. Er wird nur durch Wahl gebildet und diese Wahl
ist eine allgemeine, direkte und geheime.
Somit ist der Reichstag von allen Organen des Reichs das
meist unitarische und so möchte man denn meinen, es bestehe
zwischen ihm und den Landtagen oder gar den. Regierungen der