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zirkelung ihrer Reichs- und Staatsprogramme nicht selten in
grundsätzliche Widersprüche verwickelt wurden.
Die in Wirklichkeit vorhandenen Beziehungen der Organe in
Reich und Staaten können nun aus der Organisation allein durch-
aus nicht verstanden werden. Vielmehr ist davon auszugehen,
daß ın jeder Staatsgemeinschaft, mag sie Staat, Bund oder Bundes-
staat genannt werden, die Gesamtheit der Aufgaben eine in sich
zusammenhängende Einheit bildet, und daß dementsprechend auch
nur ein Wille zur Leitung des Ganzen vorhanden sein kann. Wie
mannigfach gegliedert auch dieser Wille in seiner Ausübung sein
mag, wie vielfach die Aufteilung der Aufgaben durch Zuständig-
keiten in der Geschäftsführung erfolgen mag, irgendwo und irgend-
wie erweist sich das Einheitsbedürfnis nicht nur als innerer Zu-
sammenhang in den Aufgaben und Zuständigkeiten, sondern auch
als ein wechselseitiges Sichbeziehen und Abhängigsein der Organe,
sammeln sich doch schließlich all die vielen Strahlungen und
Brechungen der vielerlei Gewalten und Gewaltträger in der tat-
sächlichen Lebensgestaltung des Bürgers, der nicht in zwei Bür-
ger, einen Staats- und einen Reichsbürger zerrissen werden kann
und auf dessen gehorsamleistenden oder selbsttätigen Willen in
letzter Linie alle Tätigkeit von Reichs- und Staatsorganen ge-
richtet ist.
Treten nun Reichstag und Landtage an ihre Aufgaben, wie
sie sollen, mit dem Bewußtsein heran, daß sie an einem großen
Werk nach gemeinsamem Plan und nur äußerlich getrennt ar-
beiten, so sind sie unter sich durch ein unausgesprochenes Ge-
dankennetz verbunden, das immer feinmaschiger wird, je mehr
sich bei steigender Kultur und wachsendem Bedürfnis die Staats-
geschäfte differenzieren, die Etats wachsen und die Intensität des
öffentlichen Lebens sich vertieft. Sie arbeiten aufeinander zu wie
Bergleute, die von entgegengesetzten Seiten her einen Berg nach
der Mitte hin angraben und sie können doch niemals ganz zu-
sammenkommen.