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einheitlicheren Auffassung der geschiedenen Aufgabenkreise in bei-
den Machtbereichen.
Um nun die vermißte Konformität, soweit es überhaupt möglich
und sachgemäß ist, herzustellen, dazu bieten sich theoretisch zwei
Wege, entweder die Beseitigung des Zweikammersystems in den
Staaten oder die Herstellung desselben im Reich. Beide Ent-
wicklungsrichtungen haben ihre Fürsprecher gefunden. Nehmen
wir die preußische Landtagsreformvorlage zum Ausgangspunkt,
so deutet diese zwar auf Umgestaltung aber nicht auf Beseitigung
der ersten Kammer im führenden Staat. Die mittleren und klei-
neren deutschen Staaten, welche das Zweikammersystem haben,
werden sich kaum darauf einrichten, anders zu verfahren als
Preußen. Mag man es gutheißen oder nicht, man wird damit
rechnen müssen, daß die Staaten, die es haben, das Zweikammer-
system beibehalten wollen.
Daß die ersten Kammern nach ihrer Zusammensetzung den
Anforderungen, welche gegenwärtig zu stellen sind, durchweg
oder auch nur annähernd entsprechen, ist, wie das Folgende zei-
gen wird, zu verneinen. Sie lassen, wie ja fast allseitig aner-
kannt wird, jene Anpassung an die Wirklichkeit der gesellschaft-
liehen Volksschichtung vermissen, die als eine der obersten Staats-
notwendigkeiten auch in Deutschland nicht länger verkannt wer-
den kann.
Eine Umgestaltung der ersten Kammern wird überall not-
wendig sein, die Beseitigung wäre ein Fehler.
Dagegen erscheint die Einfügung eines Oberhauses in den
Reichstag als eine zeitgemäße Forderung.
Die Begründung dieser Forderung soll im folgenden ver-
sucht werden.
II.
Der Gedanke an die Gliederung des Reichstages in ein Ober-
und Unterhaus findet sich zwar in dem Verfassungswerk -der Na-