— 16 —
von den Volksvertretungen der verschiedenen Stämme gewähltes
„Stammhaus“ zerlegen will.
Die Reichsverfassung hat keinen Zweifel darüber gelassen,
daß Bundesrat und Reichstag getrennte Kollegien von verschie-
dener staatsrechtlicher Bedeutung sind und daß sie nicht etwa
zwei Häuser, Kammern ein und derselben politischen Körperschaft,
eines Parlamentes sind. Wirken sie auch bei vielen und wichtigen
Aufgaben so zusammen, daß ihre übereinstimmenden Beschlüsse
erst eine vollkommene staatsrechtliche Wirkung zu äußern ver-
mögen, so fehlt es doch zwischen ihnen an jeder organischen
Verbindung und sind sie nach allgemeiner Stellung, Auftrag, Zu-
sammensetzung, Verfahren und rechtlicher Stellung der Mitglieder
streng gesonderte Einrichtungen. Der Bundesrat ist das Organ
aller verbündeten Regierungen der Bundesstaaten, der Reichstag
ist Vertretung des gesamten deutschen Volkes. Nur der Reichstag
ist Parlament.
Daß der Reichstag als das deutsche Parlament neben Kaiser und
Bundesrat nur eine einzige, in sich nicht in Kammern gegliederte
Versammlung sein soll, hat die Reichsverfassung ausdrücklich zu
sagen nicht für erforderlich erachtet. Man hielt es für selbst-
verständlich, daß der Reichstag für den die Verfassung (Art. 20)
nur einen einzigen Rechtsgrund der Mitgliedschaft, nämlich die
allgemeine und direkte Wahl anordnet, auch nur eine einheitliche
Versammlung sein könne. Es kann darüber auch kein Zweifel
bestehen und ist m. W. auch nie ein solcher geäußert worden, daß
in dem dem Reichstag gewährten Recht der Regelung des Ge-
schäftsganges (Art. 27 RV.) zwar das Recht enthalten ist, innere
Gliederungen in Abteilungen, Kommissionen und ähnlichen Bil-
dungen vorzunehmen, nicht aber das Recht, sich selbst in meh-
rere Häuser zu zerlegen, von denen jedem etwa das Recht einge-
räumt werden könnte, selbständig zu verhandeln. In allen ein-
zelnen Bestimmungen des V. Abschnittes der Reichsverfassung und
wo sonst vom Reichstag in der Verfassung gehandelt ist, wird der