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als konservative Korrektive aus, die ihm das Oberhaus ersetzen
sollen.
Der nächste Redner, Abgeordneter WEBER, trat entschieden
für den einhäusigen Reichstag und ein breites Wahlrecht ein.
Ein weiterer Redner, Abgeordneter THISSEN, tat das gleiche,
wendete sich scharf gegen das Diätenverbot und fuhr fort:
„Wenn dieser (Diäten-) Paragraph beibehalten wird, und wenn gar
noch neben solchen Reichstag ein Oberhaus gestellt werden soll, dann
m. H. nehmen Sie es nicht übel, wenn das Volk sagen sollte: Wir sind
verrathen, verkauft.“
Der folgende Redner, Abgeordnete ZEHMEN, bemerkte da-
gegen wieder:
„Ueherhaupt m. H. muß ich ganz aufrichtig bekennen, daß ich ein un-
beschränktes Kopfwahlsystem, verbunden mit einem Einkammersytem, also
mit der Einrichtung, daß nur ein einziges Haus des Reichstags künftig be-
stehen soll, als bleibende Einrichtung für unsere künftige Verfassung des
norddeutschen Bundes nicht für angemessen erachten kann.“
Ganz ähnlich wie Dr. FRIEDENTHAL sprach sich dann der
nächste Redner Abg. WAGENER (Neustettin), für und gegen ein
Oberhaus aus, indem er erklärte, als Parteimann sei er dafür,
als Mitglied einer staatsmännischen Versammlung aber dagegen.
„Ich, m. H., gehöre auch zu denen, die, wenn es sich bloß um Partei-
anschauungen handelt, ein Oberhaus neben dem aus allgemeinen, direkten
Wahlen hervorgegangenen Reichstage, für ganz unentbehrlich halten würde.
Aber, so wenig ich ein gutes Wahlgesetz in diesem Augenblick zu machen
weiß, ebensowenig fühle ich mich imstande, Ihnen die Grundzüge eines
deutschen Oberhauses vorzulegen, und ich möchte doch diejenigen Herren
bitten, die, wie der Abgeordnete für Göttingen (der Antragsteller Dr. ZA-
CHARIÄ), uns einen solchen Vorschlag gemacht haben, wenn die Dinge
wirklich einen solchen Erfolg haben sollen, nicht die Herren Bundes-
Kommissarien zu diesem Werke einzuladen, sondern dieses Geschäft selbst
zu übernehmen. Denn, m. H. ein Antrag: Wir wollen ein deutsches Ober-
haus haben, und die Herren Bundes-Kommissarien werden höflichst ersucht,
uns ein solches zustande zu bringen, das nenne ich ein Amendement nach
der Melodie „Lieber Maler, mal er mir“. Das hat bekanntlich einen An-
fang, aber kein Ende, und ich fürchte, alle diese Amendements sind bloß
darauf zugeschnitten, diese Verfassungs-Urkunde, die uns vorliegt, so zu
verbessern und so vortrefflich zu machen, daß sie zuletzt für diesen mangel-