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solcher Schaden in der Tat geschehen ist und daß es an Be-
sonnenheit und Ernst, Gründlichkeit und ıdealer Kraft in unserem
öffentlichen Leben vielfach gefehlt hat. Die allgemeine Richtung
auf das Ziel einer möglichst vollkommenen technischen und wirt-
schaftlischen Beherrschung der Natur hat ein allgemeines Streben
nach Wohlstand und persönlicher Kraftentfaltung angeregt, dem
auch das öffentliche Recht durch seine Ausbildung der großen
allgemeinen Pflichtenkomplexe: Wehrpflicht, Steuerpflicht, Schul-
pflicht, Polizeipflicht, Gesundheitspflege und sozialer Versicherung
und sozialem Schutz kräftig nachgeholfen hat und dem in den
verschiedensten Formen der Kapitalisierung aller ökonomischen
Werte die Krone aufgesetzt wurde. Die Besinnung auf die idealen
Werte des Lebens aber ist dahinter zurückgeblieben. Stille Ar-
beit blieb wenig beachtet und oft unverwertet, die Reklame be-
herrschte die geistige Ernährung der halbgebildeten Massen. Das
Leben wurde immer äußerlicher und hobler. In Literatur und
Kunst beherrschte der Emporkömmling durch Brutalität auf
der einen und durch pathologische Ueberspanntheit auf der anderen
Seite den Geschmack. Ich will das Kultur- und Sittenbild hier
nicht weiter ausmalen, will nur feststellen, daß das mobilisierende
Kapital und die mobilisierten Massen zwar eine ungeheure
Triebkraft und Regsamkeit auf allen Gebieten entfalteten, daß es
auch an rasch auftauchenden und ebenso rasch wieder untertauchen-
den Talenten nicht fehlte, daß aber die sammelnde Kritik und die
ernste Besinnung in der allgemeinen Jagd nach Glück und Wohl-
stand sehr zu kurz kamen und der Vorrat an inneren und höheren
Werten, den wir in dieser Periode ansammelten, hinter den ma-
teriellen Werten, die wir schufen und verzehrten, weit zurück-
hlieb.
Die Periode des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen
Wahlrechts triumphierte zwar, aber die Pflege des gesunden Volks-
geistes und wahrer Volksinteressen ist auf vielen Gebieten seicht
geworden, indem unsere Gesellschaft sich mehr und mehr in zwei