Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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tieferen Selbstbesinnung wollen sie nichts wissen. Diese Stimmen 
aber werden sich erheben und eine kräftige Sprache reden, denn 
das Wohl des Ganzen liegt ihnen in einem höheren Sinn am 
Herzen als denen, die das Reich nur als ein großes Geschäftshaus 
betrachten, welches in der Kriegskrisis durch ein Unwetter Scha- 
den gelitten hat, und nun möglichst rasch wieder in vollen Be- 
trieb gesetzt werden soll. 
Im Kulturleben eines großen und tüchtigen Volkes gibt es 
eben neben der Magensorge, um welche Kapital und Massen sich 
fast ausschließlich bemühen, auch noch andre Werte und Güter, 
die nicht vernachlässigt werden dürfen, wenn nicht ein ganzes 
Volk in all seinen Schichten auf den Wert des Gesindels herab- 
gedrückt werden soll. Es muß auch die Erkenntnis wieder Gel- 
tung erhalten, daß Kapital nichts andres als Arbeitsmittel, Masse 
nichts andres als ein Willenschaos ıst, daß aber Politik und lei- 
tende Macht aus diesen Kraftquellen allein sich nıcht zum Besten 
des Ganzen gestalten lassen, sondern daß dazu auch noch eine 
über den rohen Kampf ums Dasein gehobene Schicht geschulter 
Köpfe gehört, deren Stimme im Rat der Besten vernommen wer- 
den muß. 
Wir bedürfen im Reich solcher Schicht der Besonnenen so 
nötig, daß wenn sie nicht vorhanden wäre, sie gezüchtet werden 
müßte. Wir bedürfen ihrer nach dem Kriege mehr als vorher; 
denn es wären trübe Aussichten, wenn wir nichts Höheres durch 
ihn gewonnen hätten als den Wunsch, daß es nur bald wieder so 
werde, wie es vorher war. Deutschland muß, um die im Krieg 
errungene Stellung im Rate der Völker der Welt künftig behaupten 
und für weite Zukunft befestigen zu können, unbeirrt durch ein- 
seitige Parteiwünsche, doktrinäre Theorien oder Klassenvorurteile, 
nach einer Verwettung aller tüchtigsten Kräfte aus allen Kreisen und 
Schichten des Volkes streben. Weder dem Terrorismus der Massen, 
noch der Stahlhand des Kapitals, weder absoluter Fürstengunst 
noch bürokratischem Schablonengeist allein soll es vorbehalten
	        
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