Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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absolut bestes Wahlrecht überhaupt nicht gibt. Man gelangt 
schließlich bei Abwägung aller Vorzüge und Nachteile jedes Wahl- 
rechts, wenn diese Abwägung von allen überhaupt annehmbaren 
Standpunkten aus erfolgt, zu dem Ergebnis, daß jedes Wahl- 
rechtssystem gewisse ihm eigentümliche Mängel hat und daß man 
deshalb bei keinem Wahlrecht die Garantie hat, daß die Ver- 
sammlung, welche nach ihm gebildet wird, so ausfällt, wie man 
sie wünscht oder wünschen sollte; insbesondere bürgt kein Wahl- 
recht dafür, daß die Gewählten in der Wirklichkeit der Vorstellung 
entsprechen, welche von ihnen bei der Vornahme der Wahl in den 
Wählern vorhanden war. Und dazu kommt noch, abgesehen 
von allen Wissensmängeln eine unwägbare Menge von Willens- 
mängeln, Suggestionen, Zufälligkeiten usw. 
Bedenkt man dies alles, so gelangt man zwar nicht zur völli- 
gen Verwerfung des Wahlgrundsatzes überhaupt, aber zunächst zu 
einer notwendigen Herabstimmung der Erwartungen, die man 
irgend welchen Wahlsystemen entgegenzubringen hat. Sodann 
aber ergibt sich aus dieser Erkenntnis die Forderung eines das 
Wahlrecht ergänzenden Instituts, durch welches die Mängel des 
herrschenden Wahlsystems geheilt werden können. 
Wie ehemals das System des absoluten Fürstenstaates in den 
konstitutionellen und parlamentarischen Einrichtungen, insbeson- 
dere durch das Wahlrecht, Schranke und Ergänzung finden sollte, 
so bedarf nunmehr auch das Wahlrecht wieder seiner beschrän- 
kenden und ergänzenden Korrektur, um dem Parlament die Kraft 
und die Bedeutung zu geben, deren es bedarf, um ein wirksamer 
und wenn nötig durchgreifender Faktor im Staatsleben zu sein. 
Man hat geglaubt, durch Korrekturen am Wahlrechte selbst 
diesen Zweck erreichen zu können. Diese Erwartung aber hat sich 
bisher nicht erfüllt. Sie wird sich aber erfüllen lassen durch das 
Oberhaus, wenn dessen Stellung, Bildung und Zusammensetzung 
richtig erfaßt wird. Wie ich mir das denke, soll im Folgenden 
gezeigt werden.
	        
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