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Literatur über staatliche Dinge hatte sich vom 16. Jahrhundert an
entwickelt und den neuen Weg für die Gedanken der Menschen
gebahnt. Vor allem hatte sie Begriff und Wesen des großen
Rechtssubjektes kräftig herausgearbeitet, das in dieser neuen Art
von Rechtsordnung den Mittelpunkt bilden sollte und den Träger
aller Rechte und Verbindlichkeiten, auf welche es dabei ankam:
an die Stelle der lebendigen Menschen trat die Verkörperung des
Gemeinwesens, dem sie vorstanden, trat der Staat selbst. Und
zum Ausdrucke seiner hoheitlichen Macht und Herrlichkeit hatte
sich nunmehr der folgenreiche Begriff der Souveränität
durchgesetzt.
Daß man damit vor einer gewaltigen Schwierigkeit stand,
um das Völkerrecht denkbar zu machen, dessen ward man sich
um eines eigentümlichen Umstandes willen zunächst nicht bewußt.
Das erleichterte dem Völkerrecht die Entstehung, war aber ver-
hängnisvoll für die weiteren Schicksale der Völkerrechtswissenschaft.
Die Schwierigkeit bestand darin, daß man sich die, für die Staaten
unter einander geltende Rechtsordnung selbstverständlich
vorstelltenach Muster und Vorbild des, jedem
Juristenins Herz geschriebenen, Privatrechts.
Standen sich die einzelnen Staaten der Staatengesellschaft nicht
gegenüber wie innerhalb des Staates die einzelnen Menschen,
nale Gemeinschaft“ ist Kern und Voraussetzung von allem. — Ueber die
symptomatische Bedeutung des Westfälischen Friedens: ZACHARIAE, Vierzig
Bücher, S. 205; MARTENS, Völkerrecht II, 8.88 ff.; BERGBOHM, Quellen des
Völkerrechts S. 91 (auf die dort in Frage gestellte Ergiebigkeit als Quelle
von Völkerrechtssätzen kommt es uns hier nicht an).
6 BoDINUS, de republica I c. 8 hängt seine souverainete, majestas, an
die persönliche Trägerschaft dieser Gewalt. Dem König steht sie zu. I c.X:
cum nihil in terris majus aut excelsius majestate regum post Deum im-
mortalem cogitari possit. HoBBzs, Leviathan, ParsI, setzt dann den Staat
an die Stelle als den homo artificialis — die Idee der juristischen Person
konnte nicht besser zum Ausdruck kommen — und diesem gehört die
oberste Gewalt als dem mortalis Deus; er schiebt sich damit deutlich zwi-
schen des Bopınus Fürsten und die Gottheit ein.
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