Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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tatsächlicher Beziehung indessen total verändert worden, und hat 
zugleich die Rechtsfrage eine eigentümliche Wandlung und Zu- 
spitzung erfahren. Während des Weltkrieges haben zwar auch 
Kreuzer und Hilfskreuzer sich insbesondere auf deutscher Seite 
an dem Kampf gegen die feindliche Handelsflotte bedeutsam be- 
teiligt, die große Mehrzahl der dem Feinde durch Zerstörung oder 
Erbeutung weggenommenen Handelsschiffe aber ist ein Opfer der 
Unterseeboote und daneben auch der Torpedoboote geworden. Ge- 
rade gegenüber den letztgenannten beiden Kriegsschiffgattungen 
und vor allem gegenüber den Unterseebooten wird die Frage nach 
dem Verteidigungsrecht der feindlichen Handelsschiffe von ent- 
scheidender Bedeutung, und zugleich läßt sich hier der Ein- 
fluß des Fortsehritts der Technik auf die Ent- 
wicklung und Gestaltung des Seekriegsrechts 
vortrefflich illustrieren. Unterseeboote wie Torpedo- 
boote sind nämlich, wenn sie von der ihnen 
eigentümlichen Kampfesweise, für welchesie 
gebaut sind, Gebraueh machen, jedem feind- 
lichen Handelsschiff weit überlegen; das 
Unterseeboot kann dem feindlichen Handelsschiff mit Leichtigkeit 
den vernichtenden Torpedoschuß beibringen, ohne daß letzteres 
von dem Unterseeboot überhaupt irgend etwas gesehen hat, und 
zugleich ist die Bauart der Handelsschiffe eine solche, daß regel- 
mäßig ein einziger Torpedotreffer unbedingt tödlich ist. Das Tor- 
pedoboot aber bietet, wenn es mit voller Geschwindigkeit heran- 
eilt, für die naturgemäß weniger geübte Geschützbedienung, die 
sich an Bord eines bewaffneten Handelsschifis befinden mag, ein 
so schwierig zu treffendes Ziel, daß es regelmäßig das Handels- 
schiff vernichtend getroffen haben wird, ehe dieses nur richtig an 
eine Verteidigung denken kann. Selbst für ein starkes Panzer- 
schiff ist ja bekanntlich beim Kampf mit einem modernen Tor- 
pedoboot der Ausgang nicht sicher, und gar der Kampf gegen 
’* Man denke z.B. an die kühne Versenkung des englischen Panzer- 
schiffs „Goliath“ durch das osmanische Torpedoboot „Muawenet-i-millije*.
	        
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