Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

— 172 — 
auch wenn es einmal in der Vergangenheit bestanden haben sollte, 
aus diesemGrunde noch lange keine Geltung für 
die Gegenwart beanspruchen könnte. Das- ergibt 
sich aus der Natur der Sache, es entspricht aber zugleich den allge- 
meinen Rechtsanschauungen, welche gerade die Ententestaaten und 
ebenso die neutralen Mächte bei anderen Gelegenheiten in diesem 
Weltkrieg bekundet haben. Denn gegenüber der absolut willkürlichen 
Art und Weise, in welcher England während des Krieges 
solche Rechtssätze, die bisher als die Grundpfeiler des ganzen 
Seekriegsrechts galten!®, außer Kraft setzte, hat z.B. die Regierung 
der Vereinigten Staaten von Amerika sieh auf den Standpunkt 
gestellt, daß die großen Veränderungen, die in den Bedingungen 
und Mitteln der Seekriegsführung eingetreten sind, eine Abände- 
rung alter und bisher völkerrechtlich allgemein anerkannter Re- 
geln bewirken können!®. Die Berufung auf jenes angeblich früher 
vorhandene Gewohnheitsrecht hat daher keine beweisende Kraft, 
wenn sich nicht die innere Berechtigung jenes Gewohnheitsrechts 
auch für die Gegenwart dartun läßt. 
Es kommt also auf die sachlichen Argumente an, die zu- 
gunsten des Widerstandsrechts geltend gemacht werden. Alles, 
was in dieser Richtung wesentlich ist, ist von OPPENHEIM und 
sodann von WEHBERG in ihren oben zitierten Schriften vorge- 
bracht worden. 
OPPENHEIMs wichtigstes Argument ist nun, daß die Wee- 
nahme feindlicher Handelsschiffe durch Kriegsschiffe lediglich ein 
„Akt der Feindseligkeit“ sei, und daß die Anhaltung eines feind- 
lichen Handelsschiffs durch ein Kriegsschiff, welches seine Auf- 
bringung einleitet, nur die Erfüllung einer völkerrechtlichen 
# 7. B. die Sätze der Pariser Seerechtsdeklaration über das Blockade- 
recht sowie über den Schutz, welchen die neutrale Flagge dem feindlichen 
Eigentum gewährt. 
19 Vgl. z. B. die Anweisung des Staatsdepartements in Washington vom 
30. März 1915 an den amerikanischen Botschafter in London zur Beantwor- 
tung der britischen Noten vom 13. März 1915 und vom 15. März 1915.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.