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ser Schonpflicht ‘ist aber die Pflicht dieser „friedlichen“ Bevölke-
rung, ihrerseits sich an den Kampfhandlungen nieht zu beteili-
gen; tut sie letzteres doch, so verfällt sie (von ausdrücklich re-
gulierten und streng begrenzten Ausnahmen wie bei der „levee en
masse“ abgesehen) der vollen Schärfe des Kriegsrechts, sie hat
keinen Anspruch auf Behandlung als Kombattanten. Der innere
Grund für dieses wichtige Prinzip des modernen Kriegsrechts ist
folgender: heute ist eine organisierte Streitmacht der nichtorga-
nisierten friedliehen Bevölkerung des feindlichen Staates an sich
unbedingt überlegen und wäre materiell in der Lage, kraft dieser
Ueberlegenheit die letztere zu vernichten; um nun eine unnötige
Vermehrung der Leiden des Krieges zu verhindern, verbietet das
Völkerrecht der organisierten Streitmacht, von ihrer Ueberlegen-
heit gegenüber der friedlichen Bevölkerung des Feindes Gebrauch
zu machen. Aber selbstverständlich kann dies der organisierten
Streitmacht nur zugemutet werden, wenn sie einer wirklich „fried-
lichen“, d. h. an den Feindseligkeiten nicht teilnehmenden Be-
völkerung sich gegenüberbefindet®; ist das nicht der Fall, so
wird notgedrungen die organisierte Streitmacht von ihrer Ueber-
legenheit Gebrauch machen und zwar natürlich dann in der Weise,
die ihr selbst möglichst geringe Verluste bringt; zu diesem Zweck
wird sie möglichst den Feind verhindern, erst Schaden anzurichten
und ohne weiteres gegen alle Personen vorgehen, die sich durch
Führung von Waffen oder dergleichen feindseliger Absichten auch
nur dringend verdächtig machen.
Dieser Fall findet nun ein genaues Analogon bei Ausübung
des Seebeuterechts durch Unterseeboote. Unterseeboote gehören
ganz unbestrittenermaßen den organisierten Seestreitkräften an und
sind selbstverständlich als solche auch zur Ausübung des See-
3 Der Soldat, der abends in Feindesland müde ins Quartier rückt, muß
sicher sein können, daß ihn sein scheinbar friedlicher und aus diesem
Grunde geschonter Quartierwirt nicht meuchlings in der Nacht überfallen
darf.