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Köthensche Stimme in seinem Gutachten vom 31. Oktober 1851
(Prot. 1851 S. 460 ff. $ 204, hier insbesondere S. 462) veranlaßten,
von Fürstenstimmen zu sprechen, sind weder der heutigen Rechts-
lage noch dem Stande wissenschaftlicher Staatserkenntnis ent-
sprechend. Daß im Schrifttume so viele Unklarheit über die
Frage nach dem Schicksal der Stimmen bei solchen Wandelungen
herrscht, ergibt sich daraus, daß die Begriffe und ihre Wirkungen
nicht genügend klargestellt werden, und daraus, daß Rechtsaus-
legung mit Politik verquiekt wird. Solange der Begriff der Real-
union nicht festgehalten, und er oder gar jener der Personalunion
nicht von Einverleibung oder Verschmelzung getrennt wird, so-
lange in diese Frage Erwägungen eingeschoben werden, welche
die Entscheidung bei Personalunion, Realunion, selbst bei Ge-
bietsaustausch, Abtretung von Souveränetätsreehten, Thronfolge-
fragen auf „wesentliche Machtverschiebungen“ abstellen, ist der
Weg zu einer einwandfreien Lösung und Verständigung nicht offen.
Zu prüfen ist nun allerdings noch, ob im Rahmen des deut-
schen Reichsstaatsrechts Realunion unter Bundesstaaten überhaupt
vernünftig, möglich und zulässig sei. Dies ist bestritten worden.
Aber es scheint doch mit Unrecht. Allerdings, wie der Begriff
Realunion bei dieser Gelegenheit gefaßt worden ist, wird er die
abgelehnte Ansicht wohl begründen können. Es ist auch richtig,
daß man von der überwiegenden Zahl der geschiehtlichen Erschei-
nungen dieser Art der Staatenverbindung ableitend, dazu kommen
konnte, die Realunion wesentlich auf kriegerische Kräftigung der
Verbindung suchenden Staaten und machtvolle Geltung nach außen
abzustellen. Fraglich ist nur, ob man diese vorwiegende ge-
schichtliche Erscheinungsform so verallgemeinern durfte, daß man
aus ihren wesentlichen Merkmalen den Begriff ableitete, und
ob man nicht vielmehr damit in den Begriff einen Bestandteil
hineingetragen hat, den man weiterhin aus ihm herausbeweisen
wollte. Dieses scheint der Fall zu sein. Denn es ist durchaus nicht
notwendig, unter Bundesstaaten Realunion deshalb abzulehnen, weil