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nisse Preußen nur vertragsmäßig zu, es besitzt in Waldeck keine
von dessen Willen unabhängigen Hoheitsrechte. Gleichwohl, da
Preußen nach diesen Uebereinkünften etwa die gesamte innere
und Finanzverwaltung ohne die Kirchenangelegenheiten, ferner das
Heereswesen übernommen hat, so stellt dieses Bündnis, wie an
maßgebender Stelle und von maligebender Seite gesagt wurde, das
Aeußerste dar, was noch möglich ist, ohne dem Staat seine Eigen-
schaftung als solcher zu rauben. Immerhin hat aber der Fürst
von Waldeck im Rahmen des Reichsrechts und des Akzessionsver-
trags die auswärtige Vertretung seines Staates. Er hat — mit Aus-
nahmen — das Recht der Gesetzgebung und das Begnadigungs-
recht. Auch wird die Verwaltung seines Staates in seinem Namen
getrennt von der preußischen geführt. Die von der preußischen
Regierung ernannten Beamten sind nicht preußische als solche,
sondern waldeckische. Es besteht mit Preußen keine gemeinsame
Staatsangehörigkeit, keine gemeinsame Gesetzgebung. An der
fortdauernden Eigenschaft Waldecks als noch selbständiger Bundes-
staat ist nach alledem durch die Akzessionsverträge nichts geän-
dert worden. Demgemäß konnte das Verwaltungsbündnis auch
keinen Hinderungsgrund bilden, daß dem Fürstentum in Artikel 6
der norddeutschen Bundesverfassung und später der Reichsverfas-
sung eine Stimme zugeteilt werde, wie ebenso, daß der Fürst sie
anweise.
Allerdings sind Fälle denkbar, in welchen Verwaltungsbünd-
nisse diese Grenze überschreiten. So kann sich die Staatsgewalt
des Anschlußstaates durch allzustarke Blutentnahme allmählich
verflüchtigen und — immer noch auf dem Vertragswege — dem
mächtigeren Bruder anwachsen. In solchen Fällen würde dem
dadurch entstehenden Scheinstaate die notwendige Voraussetzung
des Art. 6 R.V. fehlen. Es entstünde ein Riß zwischen der
Reichsverfassung und ihren sachlichen Grundlagen, denn der Ar-
tikel 6, wie die ganze Reichsverfassung, ist darauf gebaut, daß
der „Ewige Bund“ Deutsches Reich aus wirklichen Staaten be-