Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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nisse Preußen nur vertragsmäßig zu, es besitzt in Waldeck keine 
von dessen Willen unabhängigen Hoheitsrechte. Gleichwohl, da 
Preußen nach diesen Uebereinkünften etwa die gesamte innere 
und Finanzverwaltung ohne die Kirchenangelegenheiten, ferner das 
Heereswesen übernommen hat, so stellt dieses Bündnis, wie an 
maßgebender Stelle und von maligebender Seite gesagt wurde, das 
Aeußerste dar, was noch möglich ist, ohne dem Staat seine Eigen- 
schaftung als solcher zu rauben. Immerhin hat aber der Fürst 
von Waldeck im Rahmen des Reichsrechts und des Akzessionsver- 
trags die auswärtige Vertretung seines Staates. Er hat — mit Aus- 
nahmen — das Recht der Gesetzgebung und das Begnadigungs- 
recht. Auch wird die Verwaltung seines Staates in seinem Namen 
getrennt von der preußischen geführt. Die von der preußischen 
Regierung ernannten Beamten sind nicht preußische als solche, 
sondern waldeckische. Es besteht mit Preußen keine gemeinsame 
Staatsangehörigkeit, keine gemeinsame Gesetzgebung. An der 
fortdauernden Eigenschaft Waldecks als noch selbständiger Bundes- 
staat ist nach alledem durch die Akzessionsverträge nichts geän- 
dert worden. Demgemäß konnte das Verwaltungsbündnis auch 
keinen Hinderungsgrund bilden, daß dem Fürstentum in Artikel 6 
der norddeutschen Bundesverfassung und später der Reichsverfas- 
sung eine Stimme zugeteilt werde, wie ebenso, daß der Fürst sie 
anweise. 
Allerdings sind Fälle denkbar, in welchen Verwaltungsbünd- 
nisse diese Grenze überschreiten. So kann sich die Staatsgewalt 
des Anschlußstaates durch allzustarke Blutentnahme allmählich 
verflüchtigen und — immer noch auf dem Vertragswege — dem 
mächtigeren Bruder anwachsen. In solchen Fällen würde dem 
dadurch entstehenden Scheinstaate die notwendige Voraussetzung 
des Art. 6 R.V. fehlen. Es entstünde ein Riß zwischen der 
Reichsverfassung und ihren sachlichen Grundlagen, denn der Ar- 
tikel 6, wie die ganze Reichsverfassung, ist darauf gebaut, daß 
der „Ewige Bund“ Deutsches Reich aus wirklichen Staaten be-
	        
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