Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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Zwar wird behauptet, „Gegenstand des Rechtes sei lediglich die 
Zahl der Stimmen, nicht das, was der Inhaber damit ausrichten 
kann“. Aber es ist doch kein „fehlerhaftes Ersetzen von Rechts- 
vorschriften durch politische Werte, wenn man ihren Inhalt an 
den lebendigen Vorgängen des öffentlichen Lebens ermessen will“. 
Und selbst zugegeben, Gegenstand des Rechtes sei die reine Zahl 
der Stimmen, so hat das bei Beratungs- und Beschlußkörpern 
doch immer nur Sinn im Gegensatz und im Verhältnis zu jener 
der anderen Mitglieder. Danach wird und kann auclhı beim Bun- 
desrat Gegenstand des Rechtes nur sein die Zahl der Stimmen im 
Rahmen der Achtundfünfzig oder Einundsechzig. Ihre Bedeutung, 
ihr Wert ändert sich, wenn schon eine Stimme ausfällt. Gleich- 
gültig wäre es nur, wenn das Sinnlose versucht würde, die Zahlen 
der Art. 6, 6a, 78 RV. gleichmäßig zu vervielfachen. Jede Ver- 
änderung in der Staaten- und Stimmenzahl betrifft daher jeden 
Staat. Sie verändert für jeden Staat die Zahl seiner Stimmen im 
Rahmen der Achtundfünfzig oder Einundsechzig, erfordert also die 
Zustimmung aller Bundesstaaten. Nur diese — 
nicht schon die von JACOBI verlangte Einstimmigkeit der Bundes- 
staaten — wegen Art. 7 Abs. 3 Satz 2 RV. — erfüllt den Rechts- 
gedanken der Reichsverfassung. 
Mit der eben dargestellten Bindung aller Bundesratsstimmen 
an und durch das Verhältnis des Art. 6, 6a RV. ergibt sich als 
selbstverständlich ohne weiteres auch, daß von einem Anfall oder 
Ausfall irgendweleher Bundesratsstimme als einfache Rechtsfolge 
nicht die Rede sein kann. Eine so wichtige, einschneidende Regel 
müßte auch, ganz abgesehen davon, im Gesetz ausgesprochen sein. 
Dies ist aber nicht der Fall. Und selbst wenn man sie durch 
kühne Auslegung aus der Verfassung gewinnen wollte, böte sich 
kein Anhalt dafür. Der einzige denkbare Anknüpfungspunkt, die 
vielumstrittene Erinnerung an Bundeszeiten in Art. 6 RV., versagt 
nämlich vollständig. Einmal enthält Art. 6 keineswegs das „Prin- 
zip“, „daß die Stimmführung sich nach Maßgabe der Vorschriften
	        
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