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schon RÖNNE 1876 in seinem Staatsrecht (I 198) festgestellt. All-
gemein aber sprach sich Graf Bismarck in der Reichstagssitzung
vom 26. März 1867 (St.B. S. 350) darüber aus. Er bezeichnete
besonders unsern Zusatz in Art. 6 RV. als „jedenfalls unschädlich“
und stellte entschieden in Abrede, daß daraus eine aushilfsweise
Geltung des früheren Bundesrechtes abgeleitet werden könne. Dieser
Vermutung fehle jeder Boden. Es kommt aber noch das weitere
hinzu, daß vom alten Deutschen Bunde zum Norddeutschen Bund
und zum Deutschen Reich wohl geschichtliche Wege führen, aber
keine rechtlichen, die eine aushilfsweise Herübernahme des Bundes-
rechts als Rechtsquelle in das Reichsstaatsrecht zuließen.
Dieselben Grundsätze, welche das Verhältnis der Art. 6, 6aRV.
zur Verschmelzung oder Einverleibung von Bundesstaaten be-
herrschten, werden auch wirksam bei der Teilung von solchen.
Es ist selbstverständlich, daß kein Bundesstaat ohne Stimme ım
Bundesrate sein darf. Würde ein Einstimmer in mehrere Staaten
geteilt, ergäbe sich die Notwendigkeit, der Stimmensumme nach
Art.6, 6a RV. mindestens eine Stimme zuzulegen. Aber auch im Falle
der Teilung eines Mehrstimmers, z. B. der Zweiteilung eines Zwei-
stimmers ist es nicht ohne weiteres ruhig hinzunehmen, daß jeder
Teil gerade eine Stimme erhält, und nicht der größere vielleicht
zwei, der kleinere eine neu zu schaffende, ebensowenig wie es
selbstverständlich ist, daß bei der Zweiteilung eines Dreistimmers
diesem neuen Staat gerade zwei, dem andern nur eine Stimme zu-
fällt, und was sich an derlei Beispielen mehr bilden läßt, sei es, daß
die Gesamtstimmensumme der Art. 6, 6a vermehrt werden muß
oder sich gleichbleibt.
Dazu kommt aber auch das weitere, welches wieder die Ver-
schmelzung, Einverleibung und Teilung von Bundesstaaten so
ziemlich gleichmäßig trifft: Mit dem Auftreten eines neuen Bun-
desgliedes oder mit der Verstärkung des Stimmgewichtes eines bis-
herigen wird ja das ganze Verhältnis aller Stimmeninhaber zueinander
verschoben, wird jenes feine Spiel des Gleich- und Gegengewichts,
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