Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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Die offen erkannte oder widerwillig verspürte Unmöglichkeit, 
ein Völkerrecht nach dem vertrauten Rezepte des Privatrechts zu 
verwirklichen, führte zu einem Verzicht auf dieses Programm 
und eine Beschränkung auf Erreichbares. Alles was irgendwie 
eine über den Staaten stehende Gewalt voraussetzte, hatte ver- 
sagt, das Naturrecht an der Spitze. Was man dafür neu ge- 
wonnen, das war, wenn nicht ein klares Verständnis, so doch eine 
Ahnung von der Stärke und Vielgestaltigkeit der im Staate selbst 
enthaltenen Wirkungskräfte. Dieser Staat, der Einzelstaat, 
soweit nötig, im gleichberechtigten Zusammenarbeiten mit anderen, 
wurde nun zum Ausgangspunkt genommen; auf den Staats- 
willen und seine Rechtsmacht allein sollte alles Recht gestellt 
sein ’®. 
Also auch das Völkerrecht. Auf dieser Grundlage arbeitet 
sich allmählig eine neue Auffassung dieses Rechtszweiges her- 
aus, in bewußtem Gegensatze zu jeder Anlehnung an die zivil- 
rechtliche Ordnung einerseits, zu jeder trügerischen Mystik an- 
dererseits. Daß hie und da noch Eierschalen daran hängen, ist 
begreiflich !. 
recht als Rechtsquelle in D. Verw. R. IS. 90f. Hier kommt es nur dar- 
auf an, daß alles Gewohnheitsrecht in seiner Geltung vom Willen des 
Staates abhängt, von ihm seine Kraft bezieht. Die Form der staatlichen 
Gesetzgebung braucht man deshalb nicht für die alleinige Quelle alles 
positiven Rechtes zu erklären, wie GIERKE, D. Pr. R. IS. 118, 8.160, den 
„Modernsten® vorwirft. — FRICKER, in Zeitschr. für Staatswiss. XXVIII 
S. 390 f.: Gewohnheitsrecht nicht möglich „ohne den Staat“... „So lange 
über den Staaten eine Autorität irgendwelcher Art schlechterdings nicht 
konstruiert werden könnte, würde auch das Gewohnheitsrecht nicht zu 
wirklicher Realität gelangen.“ — Vgl. auch TRIEPEL, V.R. und Landes-R. 
S. 127. 
15 JHERING, Zweck im Recht (4. Aufl.) S. 249: „Der Staat die alleinige 
Quelle des Rechts“. GIERKE, D. Pr.R.I S. 116, bestätigt: „In der Gegen- 
wart hat die Vorstellung, daß das Recht sich mit dem Willen der Gemein- 
schaft (insbesondere des Staates) decke, eine bedrohliche Verbreitung er- 
langt.“ 
1° JELLINEK, Allg. Staatslehre S. 376: Eintgegen „allen zivilistischen
	        
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