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ebenfalls bestätigt wird, verloren Gesellschaften einer Individuen-
mehrheit nicht dadurch ihren Gesellschaftscharakter, daß sie von
einem Dritten (dem Staat oder einem Anderen) „gestiftet“ 1?
waren. Auch sie besaßen, wie eine „durch den Entschluß und
willkürliche Verbindung der ersten Mitglieder“ entstandene Gesell-
schaft ursprüngliche Gesellschaftsrechte, welche der Stifter zum
größeren oder kleineren Teil sich vorbehalten konnte, wie auch
die aus der Initiative der ersten Mitglieder entstandene Gesell-
schaft ihre Gesellschaftsrechte einem Dritten übertragen konnte "®,
Bedingnis des gesellschaftlichen Charakters der hier in Rede
stehenden Verbindungen war nur, daß die Verbandsmitglieder
nicht aller und jeder maßgeblichen Beschlußfassung in Hinsicht
ihres Verbindungszwecks beraubt waren. Ueber alle Gesellschaften
aber — und zwar Nicht-Erwerbsgesellschaften, auf die es hier
allein ankommt — mochten sie vom Staat mit Korporations-
rechten ausgestattet sein oder nicht, thronte das Hoheitsrecht
der staatlichen Oberaufsicht 1°. Ganz natürlich traten daher bei
Akademien und Universitäten, welche vom Staat gestiftet waren,
zu dem Hoheitsrecht der staatlichen Oberaufsicht diejenigen ur-
sprünglichen Gesellschaftsrechte hinzu, welche der Staat als Stifter
sich vorbehalten hatte, und verliehen diesem selbstverständlich
eine größere Machtfülle, als er sie an sich bei Gesellschaften
besaß, die ihre Wurzeln in dem Gründungsvertrag der ersten
Mitglieder hatten. Der Text des AGB. von 1791, wie des ALR.
legt denn auch konform dieser Darstellung direkt Zeugnis dafür
ab, daß „Stiftung“ durch einen Dritten dem Wesen einer Gesell-
schaft und Korporation nicht zuwider sei. Ohne einen Unter-
17 ALR. IL 6 8 187.
"8 Kamprz, Jahrbücher Bd. 58 S. 75; SUAREZ: „Eine Corporation kann
sehr wohl einen Teil ibrer Collegialrechte einem Dritten übertragen; oder
derjenige, der eine Kirchengesellschaft stiftet, kann sich dagegen einen
Teil dieser Rechte reservieren.“ JMBl. 1875 S. 42.
"® JMBil. 1875 S. 55. Kamprz, Jahrb. Bd. 58 S. 73. 8. auch hierüber
Archiv f. bürg. Recht 43, 59 f. und GRUCHOT 62, 13 £.