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gewissen Herrschaft gelangt als Fachausdruck die Aner-
kennung der Regel. Das Wesen des Vorganges ist damit
gut wiedergegeben. Nur muß man sich das Erfordernis des
Zusammenwirkens der Staaten, auf welches die anderen hin-
weisen, hier noch hinzudenken '*.
Diese Auffassung, welche das Völkerrecht so ganz einfach’
auf den Willen des Staates zurückführt, dessen Verhalten dadurch
geregelt werden soll, hat freilich für jeden, der vom Privatrecht
herkommt, etwas Unbefriedigendes.. Das angenehme Sicher-
heitsgefühl, in welches die älteren Lehren uns einzuwiegen
wußten durch den Hinweis auf höhere Mächte, die dem Staat das
Völkerrecht auferlegt hätten, entbehrt man natürlich ungern.
Man kann sich vorsolchem Mißbehagen schützen, indem man die
Sache noch einigermaßen im Unklaren läßt; von diesem Mittel
wird häufig Gebrauch gemacht. Wer es gewagt hat, den Schleier
völlig wegzuziehen, der sieht alsdann dreierleie Wege vor sich.
Insbesondere wird auch völkerrechtliches „Gewohnbheitsrecht“ auf Verein-
barung zurückgeführt. Vgl. aber unten Note 21.
1% BLUNTSCHLI, Mod. V. R,, bezeichnet das, was er S. 4 „gemeinsame
autoritative Aussprache seiner (des V. Rs.) Rechtsgrundsätze® nennt, S. 58
als „Anerkennung völkerrechtlicher Grundsätze“. Aehnlich HEFFTER, Europ.
V. R. 8.4: Rechtssätze entstehen durch „Einverständnis (consensus) inner-
halb eines gewissen Staatenbereiches‘“, S.7: „durch allseitige stillschweigende
oder ausdrückliche Anerkennung eines allgemeinen Grundsatzes® innerhalb
gewisser Staatenkreise. ULLMANN, V. R. 7: Notwendigkeit einer Ordnung
führt zur „Anerkennung von Regeln für das Verhalten der Staaten und
Völker in ihren Lebensbeziehungen‘. S. 40 nennt er zuerst die „An-
erkennung“ als eine der Quellen des Völkerrechts, um dann zu erweitern:
„Die Anerkennung schafft die Geltung jedes Rechtssatzes..“ HEILBORN,
System D. V. R. S. 370 definiert: „Das Völkerrecht ist der Inbegriff der
von den Staaten als Regel ihres Zusammenlebens anerkannten Rechts-
normen.“ v. Liszt, in BIRKMEYER Enzykl, S. 1263: „als verpflichtend
anerkannt“. BRERGBOHM, Quellen des V.R. 8.41, 8.43; 8.88: „es gilt daher
für keinen Staat eine völkerrechtliche Vorschrift anders, als wenn er selbst
selbst sie irgend wie anerkannt hat.“ — v. HoLZENDORFF, Handb. D. V.R.
8. 86 ff. bringt unter der Ueberschrift „Anerkennung als Völkerrechtsquelle“
vielerlei nicht Hierhergehöriges.