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worfen, daß bloße erlaubte Gesellschaften, wenn ihnen in dieser Beziehung
nicht vom Staate ein besonderes Privilegium erteilt und Korporationsrechte
beigelegt sind, gegen andere außer ihnen keine moralische Person vor-
stellen, und daß sie aus diesem Grunde auf den Namen der Gesellschaft
weder Grundstücke noch Kapitalien erwerben, noch in Prozessen als Klä-
ger oder Verklagte auftreten können. Dagegen ist die Annahme, daß die
Eigenschaft einer moralischen (juristischen) Person nur Gesellschaf-
ten, welchen Korporationsrechte verliehen worden, zukommen könne,
ebensowenig richtig als die, daß die vielfach vorkommenden Kranken-,
Sterbe- und ähnlichen Kassen aus dem Gesichtspunkt aufzufassen seien,
als bildeten die Mitglieder eine Korporation, und bedürfe es also, um der
Kasse die Eigenschaft einer juristischen Person zu gewähren, der Ertei-
lung der Korporationsrechte. Das letztere würde bei manchen derartigen
Kassen z. B. bei den Gesellen-Kassen, deren Teilnehmer in jedem Augen-
blicke wechseln, gar nicht einmal möglich sein, und schon die innere Not-
wendigkeit weist hiernach auf eine andere Auffassungsweise hin. Die Un-
richtigkeit der ersten Annahme aber ergibt sich unzweifelhaft daraus, daß
die juristische Persönlichkeit von Instituien, die, wie z. B. ge-
lehrte Schulen und Gymnasien, Armen- und Versor-
gungsanstalten gar nicht unter den Begriff einer Ge-
sellschaftzubringen sind, in den Gesetzen sich aner-
kannt findet ($ 54, 67 II 12; 8 42 II 19 ALR.). In die Kategorie der
juristischen Personen dieser letzteren Art gehören auch die Witwen-,
Sterbe-, Aussteuer- und ähnlichen Kassen, welche nach $ 651 I 11 ALR. der
landesherrlichen — den Vorschriften der Kabinettsordre vom 29. September
1833 (GS. 121) zufolge vom Oberpräsidenten der Provinz und resp. von
den Ministern zu erteilenden — Genehmigung bedürfen, und deren Teil-
nehmer in Ansehung ihrer Rechte und Pflichten nach $ 652 a. a. O. nach
dem vom Staate bestätigten Plane beurteilt werden. Sie fallen unter den
Begriff derjenigen Institute, von denen der $ 42 II 19 ALR. sagt: „Die
vom Staat ausdrücklich oder stillschweigend genehmigten Armen- und andere
Versorgungsanstalten haben die Rechte moralischer Personen‘, und es kann
daher in Ansehung ihrer, sobald sie unter Genehmigung der ressortmäßig
dazu ermächtigten Behörden gebildet worden sind, nicht noch der speziellen
Verleihung von Korporationsrechten bedürfen, um sie zu befähigen, vor
Gericht, beim Hypothekenbuche und sonst nach außen hin in der Eigen-
schaft juristischer Personen aufzutreten. Dagegen liegt es hiernach in
der Natur der Sache, daß die in Rede stehenden Kranken-, Sterbe- und
ähnlichen Kassen gleich anderen milden Stiftungen, Armen- und sonstigen
Versorgungsanstalten zu ihren gerichtlichen Geschäften nach 8 34 I1AGO,,
$ 43 II 19, 8 217 II 11 ALR. einer Mitwirkung der Aufsichtsbehörde be-
dürfen, der sie ressortmäßig untergeordnet sind. In Abwesenheit des
Justizministers, Der... Direktor Ruppenthal.“