Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

Wir müßten offenbar schon so auskommen, ohne eine verbesserte 
Zugabe. 
Man kann daraus die Folgerung ziehen, und hat sie oft 
gezogen, daß es sich beim Völkerrecht um ein unvollkommenes, 
ein unfertiges Recht handle; darüber würden wir uns keinen 
Kummer machen. Es gab aber auch immer und gibt noch Leute, 
welche zu dem Schlusse kommen, daß es demnach ein Völker- 
recht überhaupt nicht gibt. Man nennt sie Leugner des 
Völkerrechtes. Sie bestreiten nicht, daß hier der Staat 
Regeln anerkennt, die das, was das Völkerrecht soll, praktisch 
auch leisten, wenigstens einigermaßen. Nur hält man eben mit 
starrer Orthodoxie daran, daß Völkerrecht, Recht zwischen den 
Staaten, nach dem allgemeinen Rechtsbegriffe hier nur gesetzt 
werden könnte durch eine überstaatliche Macht, und 
da die hier nicht im Spiele ist, so sind solche Regeln eben nur 
moralische oder staatsrechtliche zu nennen, nicht völkerrechtliche °. 
  
?1 Lasson, Prinzip und Zukunft des V. R. S. 42: „Die für ihren gegen- 
seitigen Verkehr von den Staaten anerkannten und innegehaltenen Vor- 
schriften“ ergeben (S. 43) „ein System von Bestimmungen, welches von 
einer der Rechtsordnung sehr nahe verwandten Art ist und deshalb auch 
wohl im Gegensatze zu dem innerhalb des Staates geltenden Rechte das 
Völkerrecht genannt wird.“ Allein „der Staat kann niemals Untertan sein. 
Eine Rechtsordnung mit zwingender Gewalt, der die Staaten unterworfen 
wären, wäre selber ein Staat, und die ıhr unterworfenen Staaten wären nun 
vielmehr keine Staaten mehr sondern Untertanen* (S. 23). Also handelt 
es sich bei den Regeln des Völkerrechts nicht um Rechtssätze, wenn sie 
auch zuweilen deren Form tragen. „Sie sind Klugheitsregeln, nicht Rechts- 
regeln“ (S. 49). 
ZORN in Annalen des deutschen Reichs 1882 S. 82£.: „Das Gesandt- 
schaftsrecht... bildet einen Teil des Staatsrechts und zwar des äußeren 
Staatsrechts ... es gibt wie überhaupt kein Recht, so insbesondere kein 
Gesandtschaftsrecht, welches vom Begriff des Staates getrennt werden 
könnte, kein Gesandtschaftsrecht, welches aus einer über den Staaten vor- 
handenen Quelle erflossen, diese letzteren im Rechtssinne zu binden ver- 
möchte, so wie das Straf- oder Zivilgesetz des Staates die Untertanen bindet 
und zwingt: die Auffassung des ‚Völkerrechts‘, welche diesen letzteren 
Gesichtspunkt zum Fundament der juristischen Konstruktion nimmt, ist be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.