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von Staatsanleihen als ein Akt der Staatshoheit bezeichnet?! und
v. BAR will dem Staate als Anleiheschuldner, da er in erster Linie
zur Selbsterhaltung verpflichtet sei, ein weitgehendes beneficium
competentiae zugestehen?”. Wenn man aber auch diese Auffas-
sung ablehnt und den Staat im Verhältnis zu seinen Gläubigern
lediglich als Privatmann betrachtet, so bleibt doch wahr, daß die
im inneren Betriebe der Finanzbehörde oder Kämmerei das Gebiet
der öffentlichen Anleihen beherrschenden Normen des Verwaltungs-
rechts das Rechtsverhältnis nach außen hin nicht unberührt lassen.
Die Aufnahme der öffentlichen Anleihe ist nach innen Verwal-
tungsakt, nicht etwa Akt der Gesetzgebung??; die Grundsätze
über ihre Begebung, Sicherung, Verzinsung, Tilgung, Konversion
und Konsolidation sind öffentliches Recht. Der Einfluß auf das
Rechtsverhältnis nach außen zeigt sich schon darin, daß, ich
möchte sagen, niemand recht weiß, in welche zivilistische Rechts-
form die Anlehensaufnahme eingeordnet werden soll. Die bedeu-
tendsten Namen (GOLDSCHMIDT, LABAND, BRUNNER) vertreten die
Darlehenstheorie ; andere, namentlich DERNBURG, denen die Rechts-
sprechung des ROHG. und des Reichsgerichts folgt, nehmen Ver-
kauf oder entgeltliche Uebertragung der Anlehenstitel an. Da
die Rechtsfolgen nicht unwesentlich verschieden sind, je nachdem
die eine oder die andere Rechtskonstruktion zugrunde gelegt
wird, so scheint mir der privatrechtliche Boden auf diesem Gebiete
ziemlich unsicher, und es ist gut, daß ihm nicht allzuviel Raum
gegönnt ist. Ich will nicht davon reden, daß der Staat als ge-
setzgebende Gewalt wieder entziehen kann, was er vertragsmäßig
schuldet; denn diese rohe Macht, die Möglichkeit des Mißbrauchs
der Gesetzgebung zu „absolutem Unrecht“ ®®, hat der Staat auch
22 ZORN, Bankarchiv VI Nr. 9.
23 v, BaR, International. Privatr. II S. 663; vgl. auch GÖNNER, von
Staatsschulden, 1826, S. 196.
23 LABAND, 5. Aufl. IV $ 116, S. 366.
4 FREUND a. a. 0. S, 68 ft.
25 Vgl. Wınnscazid 1 $ 32. N. 3.