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über verhalte. Da der Inhalt nach beiden Richtungen gleich ist,
so greift alles ineinander zu einer wohlgegliederten "Ordnung.
Vom Standpunkte eines jeden der beteiligten Staaten aus ist es
eine Rechtsordnung. Denn alle diese Vorschriften sind von
seiner Staatsgewalt als von ihr einzuhaltende und wahrzunehmende
anerkannt und deshalb Rechtssätze, wie die des Strafrechts, Ver-
waltungsrechts, Verfassungsrechts, und in gleicher Weise darf er
voraussetzen, daß sie auch bei den anderen Staaten gelten; des-
halb sind sie Rechtssätze für die ganze Staatengesellschaft. Jeder
muß es sich als ein Unrecht anrechnen lassen, wenn er solchen
Vorschriften zuwiderhandelt, und darf es in gleicher Weise dem
andern gegenüber als ein Unrecht geltend machen, wenn er
so tut.
Dem inneren Aufbau nach ist der Völkerrechtssatz nicht bloß
kein Erzeugnis eines über den Staaten stehenden Oberwillens,
sondern auch kein gemeinsames Erzeugnis ihrer irgendwie ent-
standenes Gemeinwillens, gemeinsamen Willens, übereinstimmen-
den Willens, noch, um den Gegensatz voll zu betonen, ihrer zu
diesem Erfolg vereinigten Einzelwillen. Jeder solche Rechtssatz
ist innerlich kein einheitlicher Rechtssatz, sondern vielmehr ein
Bündel zusammengefaßterRechtssätze glei-
chen Inhalts, zu welchem jeder Staat den
seinigen geliefert hat®.
Natürlich will und kann ein jedes solches Stück nicht für
sich allein bestehen; das gäbe kein Völkerrecht mehr. Es
muß dafür gesorgt werden, daß sie beisammen bleiben. Ein
2% BERGBOHM, Staatsverträge und Gesetze als Quellen des V. R. S. 89:
„Diese letztere Autorität (die hinter dem Völkerrechtseätze schaffenden
Staatsvertrag stehende) ist nämlich nie eine einzige, keine rechtliche
Einheit, sondern bleibt immer nur ein Aggregat souveräner Einzel-
willen, von denen jeder besondere, unabhängig von allen anderen, sein
Territorium seinem Rechte unterworfen hält.“ Dazu FRICKERr, in Ztschft.
f. Staatswiss. XXXIV S. 379 ff. — Die gegenseitige Unabhängigkeit betreffend
wird noch ein Wort zu sagen sein.
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